Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 5_011
DOI: 10.1055/s-2004-829668

OEIS-Komplex (omphalozele, bladder exstrophie, imperforate anus, spine defect) – Relevanz pränataler Diagnose anhand von zwei Fallbeispielen

S Neubert 1, K Trautmann 1, B Tanner 1, F Bahlmann 2, H Kölbl 1
  • 1Universitätsfrauenklinik Mainz
  • 2Bürgerhospital Frankfurt

Fragestellung: Der OEIS-Komplex stellt eine Assoziation verschiedener Fehlbildungen dar: Omphalozele, Blasenexstrophie, Colonatresie/Analatresie und Wirbelsäulendefekt. Inzidenz: 1:200000–1:400000. Wir betreuten im Jahr 2002 zwei Patientinnen, bei deren Feten pränatal ein OEIS-Komplex diagnostiziert wurde. Nachfolgende Falldarstellungen sollen verdeutlichen, dass eine exakte pränatale Diagnose für die angemessene Beratung in Bezug auf Prognose des Kindes und des weiteren Schwangerschaftsverlaufes notwendig ist.

Kasuistik 1: Bei der 30-jährigen Erstgravida wurde in der 29. SSW sonographisch ein komplexes Fehlbildungssyndrom mit Nierenagenesie links, Omphalozele, V. a. Blasenexstrophie und singuläre Nabelschnurarterie beim Feten festgestellt. Chromosomenanalyse unauffällig. Die Entbindung erfolgte aufgrund der Fehlbildungen in der abgeschlossenen 37. SSW als Sectio caesarea. Das Neugeborene zeigte Fehlbildungen im Sinne eine OEIS-Komplexes. Weitere Fehlbildungen (Gallengangshypoplasie, Klumpfüsse bds.) waren assoziiert. Am 2. Lebenstag erfolgte die operative Versorgung mit Resektion der Omphalozele, Anlage eines Colon-ascendens-Anus-praeter, Verschluss der Bauchdecke und Blasenaufbauplastik. Am 50. Lebenstag konnte das Neugeborene in stabilem Zustand entlassen werden.

Kasuistik 2: Bei der 28-jährigen Erstgravida ergab eine Ultraschalluntersuchung in der 20. SSW folgende Diagnose: Omphalozele, Kyphoskoliose, kurze Femura, Fußfehlstellung bds., singuläre Nabelschnurarterie passend zu einem OEIS-Komplex. Chromosomensatz 46xy. Aufgrund der schweren fetalen Fehlbildungen entschieden sich die Eltern zur Schwangerschaftsbeendigung gemäß §218. Pathologisch-anatomische Beurteilung: OEIS-Komplexes.

Schlussfolgerung: Die Ausbildung eines OEIS-Komplexes beim Feten ist in der Regel mit schweren Fehlbildungen und schlechter Prognose verbunden. Die Diagnose kann mittels Ultraschall bereits frühzeitig in der Schwangerschaft gestellt werden. Die Eltern sollten interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Kinderärzten und Kinderchirurgen betreut und beraten werden. Auf diese Weise können die Eltern die aus ihrer Sicht richtige Entscheidung treffen: Austragen der Schwangerschaft oder Schwangerschaftsbeendigung.