Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2004-829422
Kinästhetik – Infant Handling bei Frühgeborenen: Auswirkungen auf Kinder, Eltern und Pflegende
Hintergrund:
In unserer Klinik wurde 2002 das Kinästhetik – Infant Handling (KIH) als verbindliches Pflegekonzept für Frühgeborene eingeführt. Damit sollten die Handlungskompetenz von Pflegenden, ÄrztInnen, PhysiotherapeutInnen und Eltern erweitert werden, so dass sie befähigt sind, Ressourcen, insbesondere die Bewegungsressourcen von kleinen Frühgeborenen zu erkennen, zu fördern und zu unterstützen.
Fragestellung:
Wie wirkt sich das KIH auf den Gewichtsverlauf und den Energieverbrauch der Kinder, die Pflegekompetenz der Eltern und der Pflegenden aus?
Methode:
Das Jahr 2001 (vor Einführung des KIH) wurde mit dem Jahr 2003 nach Einführung verglichen. Zielgruppen waren Frühgeborene vor 34 vollendeten Schwangerschaftswochen und ihre Eltern. Ausgeschlossen wurden sterbende Kinder, Kinder mit Chromosomenanomalien und Kinder drogenabhängiger Mütter Es wurden Paare mit Kindern vor und nach Einführung des KIH gebildet, die in Geschlecht, Geburtsgewicht, Gestationsalter und Dauer der Sauerstoffbehandlung übereinstimmten. Verglichen wurden die Gewichtszunahme und die Energiezufuhr. Die Eltern beantworteten schriftlich skalierte (0=beste, 5=schlechteste Antwort) und offene Fragen. Die Meinung der Pflegenden wurde vor und nach Einführung des KIH mit einem strukturierten Fragebogen erfasst.
Ergebnisse:
Die Frühgeborenen nahmen vor Einführung des KIH in den ersten 28 Tagen durchschnittlich 438g (36% des Körpergewichtes) zu und nach Einführung des KIH durchschnittlich 564g (46% des Geburtsgewichtes). Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p<0.05). Allerdings erhielten die Kinder nach Einführung des KIH mehr Flüssigkeit und mehr Energie pro Tag, so dass die Gewichtszunahme pro zugeführte Energiemenge nicht signifikant unterschiedlich war.
Die Befragung der Eltern zeigte bereits vor Einführung des KIH eine hohe Zufriedenheit mit der Pflege ihrer Kinder, so dass keine signifikante Verbesserung nachgewiesen werden konnte. Einzig die Anleitung im Aufnehmen und Ablegen Ihres Kindes wurde mit 1.3 Punkten vor KIH gegenüber 0.7 Punkten nach KIH signifikant besser beurteilt.
Die Pflegenden berichteten über eine Qualitätsverbesserung gegenüber der herkömmlichen Pflege (96% der Antworten), eine höhere Attraktivität des Arbeitsplatzes (46%), aber auch eine zusätzliche Belastung (17%). KIH verbesserte die Kommunikation im ganzen Pflegeteam (im Mittel 3.6 von 6 Punkten) und zwischen Pflegenden und ÄrztInnen (im Mittel 4.6 von 6 Punkten).
Schlussfolgerung:
Die Frühgeborenen zeigten nach Einführung des KIH eine signifikant bessere Gewichtszunahme, was allerdings auch allein als Folge einer vermehrten Flüssigkeits- und Energiezufuhr erklärt werden kann. Die Einführung des KIH wurde von den Eltern als nachweisbare Verbesserung der Pflegequalität wahrgenommen und wurde von den Pflegenden mehrheitlich positiv beurteilt.