Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 201
DOI: 10.1055/s-2004-829406

Neurokognitive Entwicklung im Alter von 5 Jahren der 1996–1998 in Ulm versorgten Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht (GG) <1500g (VLBW-NG)

J Steinmacher 1, F Pohlandt 1, H Bode 1, AR Franz 1
  • 1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Sozialpädiatrisches Zentrum und Kinderneurologie (Ulm, Deutschland)

Hintergrund: Bei rückläufiger Mortalität gewinnt das neurokognitive Ergebnis als Indikator für eine optimale neonatologische Versorgung an Bedeutung.

Zielsetzung: Evaluation der neurokognitiven Entwicklung durch systematische entwicklungsneurologische Nachuntersuchung zweier Jahrgänge von VLBW-NG.

Methodik: 305 VLBW-NG (Gestationsalter (GA) 28,4±2,8 SSW, GG 950±288g) wurden von 06/96 bis 09/98 in Ulm versorgt. 28 (9%) der VLBW-NG waren im Krankenhaus gestorben. Alle nach Hause entlassenen VLBW-NG wurden zur Untersuchung eingeladen. Standardisiert wurden anthropometrische Messungen, neurologische Untersuchung (jede Parese wurde als schwere Auffälligkeit bewertet) mit „groß motor function classification scale (GMFCS)“, die Lincoln-Oseretzky-Skala (LOS-KF 18) und die Kaufmann-ABC durchgeführt.

Ergebnisse: 6 (2%) der VLBW-NG waren nach Entlassung gestorben. 217, d.h. 80% der überlebenden 271 Kinder nahmen an der Untersuchung teil. 188 Datensätze konnten bis jetzt ausgewertet werden. Das GA dieser 188 VLBW-NG betrug 28,5±2,8 SSW (arith. Mittel±SD), das GG 965±270g. Bei 37 (19,7%) VLBW-NG war das GA <26. SSW, bei 31 (16,5%) das GG <3. Perzentile (Pz.). Das korrigierte Alter zum Zeitpunkt der Untersuchung betrug 5,6±0,4 Jahre. Aktuelles Gewicht, Länge und Kopfumfang lagen bei 44 (23%), 27 (14%) bzw. 49 (26%) der Kinder unterhalb der 3. Pz. für das korrigierte Alter.

138 Kinder (73%) zeigten einen normalen neurologischen Untersuchungsbefund, 30 (16%) zeigten milde Auffälligkeiten, 20 (11%) zeigten schwere Auffälligkeiten. 158 Kinder (84%) zeigten eine normale Motorik im Alltag laut GMFCS, 13 (7%) zeigten gravierende motorische Auffälligkeiten. 45 Kinder (25%) erreichten ein LOS-KF 18-Ergebnis unterhalb der 10. Pz. und waren damit auffällig im Sinne einer motorischen Koordinationsstörung.

Der Intelligenzquotient (IQ) betrug 90±20. 140 Kinder (74%) hatten einen IQ >84. 10 Kinder (5%) hatten einen IQ <50, 12 Kinder (6%) einen IQ von 50–70 und 26 Kinder (14%) einen IQ von 71–84. Kinder mit einem GA <26 SSW zeigten einen IQ von 83±24, Kinder mit einem GA <26 SSW einen IQ von 92±18 (p<0,05). Kinder mit einem GG <3. Pz zeigten einen IQ von 85±19, Kinder mit einem GG <3. Pz einen IQ von 92±20 (p=0,14).

Schlussfolgerung: In neurologischem Befund, Motorik und Intelligenz zeigten jeweils 73–84% der VLBW-NG eine unauffällige Entwicklung. 63% der VLBW-NG zeigten in allen drei Bereichen eine unauffällige Entwicklung. Ein erhöhtes Risiko für eine auffällige Entwicklung zeigten Kinder mit einem GA <26 SSW. Gefördert durch die Kröner-Fresenius-Stiftung.