Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 177
DOI: 10.1055/s-2004-829382

Akutes Leberversagen im Rahmen einer Gram-negativen Sepsis

J Schefels 1, W Schlicht 2, M Wallot 3, P Beyer 1
  • 1Klinik für Kinder und Jugendliche
  • 2Klinik für Kinderchirugie, EKO, Oberhausen
  • 3Universitätskinderklinik (Essen, Deutschland)

Das neonatale Leberversagen stellt den behandelnden Arzt in der Diagnostik, der Akut- und der Langzeittherapie vor erhebliche Probleme. Wir berichten über ein 4 Wochen altes ehemaliges Frühgeborenes (FG) der 36. Schwangerschaftswoche (SSW.) mit Leberversagen im Rahmen einer fulminanten Sepsis.

Anamnese: FG 36. SSW, 2050g schwer, Apgar 9/10, Neonatalscreening o.B. Entlassung am 21. Lebenstag (LT.) mit 2320g. Aufnahme am 28. LT.: Schock, septisches Kolorit, Ascites, Ileus, Azidose. Gewicht 2710g.

Diagnostik: Labor: Leukozyten: 12.300/µl, 65% Neutrophile, Thrombozyten min.: 28.000 /µl, CrP. max.: 6,9mg/dL, Quick: 14%, PTT nicht messbar, GOT: 79 U/L, CHE: 6668 U/L, Direktes Bilirubin: 3,2mg/dL, NH3: 67µmol/L, Gesamteiweiss: 2g/dL. TORCH-Serologie: o.B., erweitertes Stoffwechselscreening (spez. Galaktosämie & Zellweger-Syndrom) o.B., Alpha1-Antitrysin: 156mg/dL, Coeruloplasmin: 27mg/dL, Eisenstoffwechsel (Ferritin, Transferrin, TEBK): o.B.. Bei Ileussymptomatik und Sepsis explorative Laparotomie am 30. LT. und Entnahme einer Keilbiopsie aus der grün verfärbten, knotig veränderten Leber. Ausschluss einer Darmperforation. Im Ascites (Eiweiss: 1,4g/dL) Nachweis von Enterobacter Cloacae. Histologie (Prof. Müntefering, Universität Mainz): Sehr ausgedehnte postnekrotische Kollapsherde des gesamten Lebergerüstes, riesige Makrophagen- und Granulozyteninfiltrate, Riesenzellhepatitis und cholestatischer Ikterus der persistierenden Parenchyminseln.

Therapie: In der akuten Phase nach Intubation und Beatmung symptomatische Therapie, Substitution von Gerinnungsfaktoren (ATIII, FFP, PPSB) und Thrombozyten, Darmdekontamination, Kreislaufunterstützung mit Katecholaminen, Antibiotikatherapie, Gabe von ACC. Nach Erhalt der Histologie und fehlendem Wiedereinsetzen der Leberfunktion Verlegung des Kindes zur Lebertransplantation (Universität Essen & Hamburg), welche im Alter von 4 Monaten erfolgreich durchgeführt wurde.

Diskussion: Berichte über gram-negative Septikämien als Ursachen des neonatalen Leberversagens sind selten. Dagegen existieren zahlreiche Berichte über hepatische Wirkungen von Endotoxinen/Lipopolysachariden, die im Rahmen einer gram-negativen Sepsis freigesetzt werden und sich mit dem histologischen Befund der Leberbiopsie deckt. Die Labordiagnostik der zahlreichen infrage kommenden Erkrankungen ist aufwendig. Eine histologische Untersuchung sollte angestrebt werden. Die weitere Betreuung dieses Patientenkollektives sollte spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben.