Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 168
DOI: 10.1055/s-2004-829373

Sinustachykardie und hohes Fieber bei einem fünf Tage alten Neugeborenen mit Sepsis durch Echovirus Typ 5

S Vygen, 1, N Lorenz, 1, L Müller 2, M Kabus 1
  • 1Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
  • 2Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (Chemnitz, Deutschland)

Einleitung: Bei dringendem Verdacht auf eine neonatale Sepsis wird routinemäßig nach bakteriellen Erregern gesucht und eine antibiotische Kombinationstherapie eingeleitet. Außerdem wird eine Antipyrese durchgeführt. Eine medikamentöse Senkung der Herzfrequenz ist nur selten erforderlich.

Fallbericht: 5 Tage altes männliches reifes Neugeborenes, ambulant entbunden, unauffällige Schwangerschaft; seit ca. 6 Stunden hohes Fieber, Dys- und Tachypnoe, Nahrungsverweigerung; zwei Geschwisterkinder mit fieberhaftem Infekt. Status: schwer krank, Temp. 39,7°C, HF 205/min, Mikrozirkulation reduziert, livides Mund-Nasen-Dreieck, normale SpO2, Tachypnoe, Einziehungen, kein Exanthem, kein Meningismus. Paraklinik initial: gr. BB, CRP, IL6, BGA, ASAT, ALAT, Gerinnung, Stoffwechselscreening normal; Verlauf: Aufnahme auf eine neonatologische Intensivstation; Ampicillin, Amikacin, Cefotaxim und Aciclovir i.v.; bei anhaltender Sinustachykardie bis 230/min Metoprolol; symptomatische Therapie senkt Fieber nicht (39,8°C); ca. 17 Stunden später stamm- und armbetontes feinfleckiges Exanthem; Hyperexzitabilität; Liquor: Normalbefund; Paraklinik im Verlauf: Neutropenie, Linksverschiebung (IT-Quotient 0,26), IL6-S 155 ng/l, PTT 70s., D-Dimere 15mg/l, kein signifikanter CRP-Anstieg; EEG, Schädelsonogramm, Rö-Thorax normal. Verlauf: dünne, schleimige Stühle nach 24 Stunden; am 3. Tag Entfieberung, rückläufiges Exanthem; Stabilisierung nach weiteren 3 Tagen; Absetzen der antibiotischen und antiviralen Therapie nach Erhalt der mikrobiologischen Befunde: Nachweis von Enteroviren mittels PCR im Serum, Rachenabstrich und Stuhl des Patienten und im Stuhl eines Geschwisterkindes und der Mutter; Bestimmung des Typs ECHO 5 durch Sequenzanalyse von Stuhl und Rachenabstrich des Neugeborenen und Stuhl der Mutter; kein Hinweis für eine Infektion mit anderen pathogenen Viren; Blutkultur und Liquor steril; Echovirus-Serologie Typ 3, 11, 13, 25, 30 negativ. Follow-up nach 1 Monat: Restitutio ad integrum, kein Nachweis einer myokardialen Dysfunktion.

Diskussion: Neugeborene gelten in den ersten zwei Lebenswochen als besonders anfällig für Echovirusinfektionen. Es besteht dabei immer das Risiko eines schweren septischen disseminierten Verlaufes. Eine Sinustachykardie und hohes Fieber sind dabei typische Symptome. Am häufigsten werden neonatale Infektionen mit Echovirus Typ 30, 11, 9, 6 und 4 beobachtet. Infektionen von Neugeborenen mit Typ 5 sind in der Literatur nur selten beschrieben. Schlussfolgerung: Bei einer neonatalen Sepsis muss stets auch an ein virales Geschehen gedacht werden, vor allem wenn therapieresistentes Fieber und ein Exanthem auftreten. Neben der bakteriologischen Diagnostik und dem Ausschluss einer Herpesinfektion, sollte eine Virusdiagnostik mittels PCR eingeleitet werden, da diese die höchste Sensitivität aufweist.