Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 167
DOI: 10.1055/s-2004-829372

Streptococcus agalactiae aktiviert den FcgammaRII-Rezeptor sowie die CD62p-Expression in humanen Thrombozyten

C Siauw 1, A Kobsar 2, A Schubert-Unkmeier 3, M Eigenthaler 2, CP Speer 1
  • 1Universitäts-Kinderklinik Würzburg
  • 2Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie und
  • 3Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg (Würzburg, Deutschland)

Fragestellung: Die Aktivierung des thrombozytären FcgammaRII-Rezeptors im Rahmen von immunologischen Reaktionen kann zur Thrombozytenaktivierung, Aggregation und Sekretion führen, welche unter anderem über eine Reihe intrazellulärer Signalwege (Aktivierung von Tyrosinkinasen und Phospholipase C2 sowie Calciummobilisierung) reguliert werden. Die Expression inflammatorischer Marker wie P-Selektin (CD62p) auf aktivierten Thrombozyten fördert die Anlagerung von Leukozyten an Endothelläsionen und induziert inflammatorische Reaktionen. Über die Interaktion zwischen Streptokokken der Serogruppe B (Streptococcus agalactiae, GBS), dem häufigsten Erreger der neonatalen Sepsis, und Thrombozyten ist bisher nur wenig bekannt. Wir untersuchten zum ersten Mal die molekularen und funktionellen Auswirkungen der direkten Interaktion zwischen GBS und Thrombozyten.

Methodik: Plättchenreiches Plasma wurde in Gegenwart oder Abwesenheit von FcgammaRII-Rezeptor-blockierenden Antikörpern mit GBS-Stämmen (Referenzstamm der Bakterienbank ATCC (R) (Streptococcus agalactiae ATCC (R) 13813) sowie Isolaten aus erkrankten (SJ250903, GS130903) oder asymptomatischen Patienten (A019)) inkubiert. Thrombozytenaggregation wurde im PAP3-Aggregometer (BioData) gemessen. Die Aktivierung intrazellulärer Signalwege (Phospholipase CgammaII (PLCgammaII), der Calcium/Calmodulinabhängigen Proteinkinase II (CaMKII) sowie Myosin-light-chain-Kinase (MLC)) wurde mittels Western-Blot-Analyse densitometrisch quantifiziert. Die CD62p-Expression wurde durchflusszytometrisch bestimmt.

Ergebnisse: Alle GBS-Stämme binden an Thrombozyten. ATCC (R) 13813 (n=9) und SJ250903 (n=6) induzierten eine rasche Aggregation (mittl. Dauer bis zur maximalen Aggregation: 5min, range 2–8min), während Inkubation mit GS130903 (n=5) und A019 (n=4) auch nach 20min nicht zur Aggregation führte. Inkubation der Thrombozyten mit ATCC (R) 13813, SJ250903 und GS130903 führte zu einer bis zu 5-fachen Aktivierung von PLCgammaII, CaMKII und MLC (jeweils n=3). Diese Aktivierung thrombozytärer Signalwege konnte durch Präinkubation mit dem blockierenden anti-FcgammaRII-Rezeptor-Antikörper gehemmt werden. Darüber hinaus führte SJ250903 zu einer vermehrten P-Selektin-Expression (mittl. Fluoreszenz vor/nach Stimulation: 21/61, p=0,002; n=4), während Inkubation mit GS130903 (mittl. Fluoreszenz vor/nach Stimulation: 22/24, p=0,12; n=4) keinen Effekt auf die Thrombozyten hatte.

Schlussfolgerungen: Die Thrombozyten wurden in unseren Experimenten durch die GBS-Stämme ATCC (R) 13813 und SJ250903 deutlich aktiviert, während GS130903 nur einen geringen und A019 keinen Effekt auf die Thrombozytenfunktion hatte. Offensichtlich führen verschiedene GBS-Stämme zu einer unterschiedlich starken Aktivierung der Thrombozyten. Die Ursachen hierfür sind unklar. Diese Untersuchung zeigt, dass Gruppe B-Streptokokken nicht nur die Gerinnung sondern auch Inflammationsreaktionen im Rahmen eines septischen Geschehens beeinflussen können.