Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 165
DOI: 10.1055/s-2004-829370

Kongenitale CMV-Infektion mit Hydrops fetalis und zerebraler Differenzierungsstörung bei präkonzeptionell positivem CMV-Serostatus der Mutter

U Wintergerst 1, C Hübener 2, A Strauss 2, G Jäger 4, J Herms 3, K Bise 3, A Schulze 1, 2
  • 1Kinderklinik und Poliklinik am Dr. von Haunersches Kinderspital der LMU, München
  • 2Neonatologie, Frauenklinik Großhadern der LMU, München
  • 3Neuropathologisches Insitut am Klinikum Großhadern der LMU, München
  • 4Max von Pettenkofer-Institut der LMU, München (München, Deutschland)

Bei den wenigen bisher berichteten Fällen intrauteriner CMV Infektionen bei präkonzeptioneller Seropositivität der Mutter fehlen Befundberichte schwerer Verlaufsformen.

Kasuistik: 18-j. asiatische Mutter, Heterozygotie für HbE. Nach 20 Schwangerschaftswochen (SSW) im fetalen Ultraschall vermehrt echogener Darm und nachfolgend Hepatomegalie, Aszites, Perikarderguss und Hydrops fetalis bei erheblich vergrößerter Plazenta. Normales Karyogramm. Vier Tage präpartal Nabelschnurpunktion bei Verdacht auf Hämoglobinopathie. Fetaler Hämoglobinwert 10g/dl.

Geburt nach 28 SSW bei pathologischem CTG. GG 1430g, NS-pH 7,4. Postpartal apnoeisches Kind mit aufgetriebenem Abdomen und petechialen Hautblutungen. Primäre Intubation und Beatmung mit 100% Sauerstoff, PIP/PEEP 30/5. Im Verlauf zunehmende respiratorische und metabolische Azidose. Im ZNS sonographisch multiple periventrikuläre, echoreiche Areale mit Schallschatten. Tod im Alter von 8 Stunden bei unbeeinflussbarem respiratorischem Versagen.

Kindliche Befunde: übertragene AK gegen CMV, PCR-Untersuchung im peripheren Blut: Positiver Nachweis von CMV (30 Geq/20.000 Zellen). Alle anderen gängigen infektiologischen Untersuchungen sowie die Diagnostik bezüglich immunologischer und metabolischer Ursachen eines Hydrops fetalis verliefen negativ. PCR im Liquor: negativ für Chlamydien, Mycoplasmen, Ureaplasmen, CMV. Kein Anhalt für angeborene Stoffwechselstörungen.

Mütterliche Befunde: hochavide IgG-Antikörper gegen CMV, CMV-IgM negativ, HIV negativ.

Pathologisch-anatomische Befunde: neben den klinisch bekannten Befunden, ausgedehnte Mikro-Polygyrie und Maturationsarrest des ZNS in der 22–23. SSW als Ausdruck eines teratogenen Effekts von CMV, bilaterale Verkalkungen in beiden Marklagern. Vollständig vorhandenes germinatives Zelllager mit zelldichtem Migrationsschleier im Sinne einer normalen Migration. Viruseinschlüsse (Eulenaugenzellen) mit Nachweis von CMV-Protein in Nierentubulus-, Alveolardeck-, Trophoblastzellen der Plazenta, Gallengangsepithelien und Hepatozyten. CMV-assoziierte Hepatitis.

Diskussion: Eine ähnlich schwere Ausprägung einer fetalen CMV-Infektion bei präkonzeptioneller Immunität bei einem lebendgeborenen Kind ist unseres Wissens bisher nicht beschrieben worden. Bisherige Untersuchungen legen nahe, dass es sich bei der fetalen CMV-Infektion trotz präkonzeptionellen CMV-Antikörpern der Mutter um eine Reinfektion mit einer CMV-Variante handelt.

Schlussfolgernd ergibt sich, dass als Ursache eines nicht-immunologischen Hydrops fetalis auch bei Nachweis von präkonzeptionellen CMV-Antikörpern bei der Mutter eine CMV-Infektion differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden muss.