Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 163
DOI: 10.1055/s-2004-829368

Genexpressionsprofile bei Frühgeborenen mit konnataler Sepsis

A Hilgendorff 1, H Hossain 1, S Tchatalbachev 1, R Ghai 1, T Chakraborty 1, L Gortner 1
  • 1Universitätsklinik Gießen (Gießen, Deutschland)

Fragestellung: Die konnatale Sepsis geht weiterhin mit einer hohen Mortalität sowie dem Risiko schwerer Komplikationen einher und stellt somit auch heute ein großes Problem in der neonatalen Medizin dar. Die pathophysilogischen Grundlagen der Erkrankung sind jedoch nicht vollständig geklärt und Marker zur individuellen Therapiesteuerung und Prognosestellung konnten bisher nur unzureichend definiert werden. In der vorgelegten Studie wurde in einem nicht-hypothesengeleiteten Ansatz in einem Kollektiv Frühgeborener (FG) <32 Schwangerschaftswochen (SSW) mit bzw. ohne konnatale Sepsis eine Transkriptomanalyse zur Identifizierung relevanter Gene und Signaltransduktionswege durchgeführt.

Patienten und Methodik: 11 FG (24 bis 31 SSW, 520–1590g) wurden prospektiv in die Studie eingeschlossen, 7 zeigten klinische und laborchemische Zeichen einer konnatalen Sepsis (CS; CRP>10mg/l, IT-Ratio >0,2). Vollblut-Paxgeneproben wurden zur Stunde der Geburt (0h), 24 und 72 Stunden nach Geburt gewonnen, und nach RNA-Extraktion der Microarray-Analyse zugeführt (CodeLink UniSet Human I Bioarray; 9.877 humane Genen). Die Datenanalyse erfolgte unter Verwendung von ImaGene 5, R, dChip und SAM.

Ergebnisse: In der Microarray-Analyse zeigte sich eine individuelle Expressionsantwort FG mit und ohne CS. In dem Kollektiv der Kinder mit CS wurden nach 24 Stunden 75 Gene signifikant hochreguliert, die in erster Linie den Gruppen „Zellproliferation/zellulärer Stoffwechsel“ und „Biosynthese“ zugeordnet werden konnten (p<0,05 vs. Geburt). Nach 72 Lebensstunden zeigten sich in der Analyse 223 Gene signifikant hochreguliert, die neben den oben genannten Gruppen auch einer Infektions- und Inflammationsantwort zugeordnet werden konnten (p<0,05 vs. Geburt). In der differenzierten Auswertung konnte hier neben dem Signaltransduktionsweg über die toll-like Rezeptoren 3/4, IRAK und NF-kB eine weitere Kaskade der Zytokinaktivierung über TRIF und IRF3 identifiziert werden, deren Rolle im Rahmen der CS bisher nicht bekannt war. Im Gegensatz hierzu erschienen in der Gruppe ohne CS Gengruppen, die einer Infektions-/Inflammationsantwort zugeordnet werden konnten bereits nach 24 Stunden signifikant herabreguliert.

Schlussfolgerung: Es wurden erstmals Genexpressionprofile bei FG mit und ohne CS analysiert. Signifikant exprimierte Gene, die funktionell Prozessen des Zellmetabolismus und der Proteinbiosynthese zugeordnet werden können, spiegeln die Entwicklungsprozesse eines unreifen Organismus wieder. Die differentielle Analyse der Gruppen zeigt individuell und gemeinsam exprimierte Gene, die in der Gruppe mit CS Signaltransduktionswegen zugeordnet werden können, die in entscheidenden Infektionsprozessen eine Rolle spielen.