Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 162
DOI: 10.1055/s-2004-829367

Mekoniumileus und vaskuläre Missbildungen bei einem Frühgeborenen mit konnataler Parvovirus B 19 Infektion

K Tsiakas 1, B Hinrichs 1, M Thobaben 1, E Harps 1, C Haun 1, K Helmke 1, H Schäfer 1, HH Hellwege 1
  • 1Kinderintensivstation, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Kerninstitut für Pathologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Hamburg, Deutschland)

Fragestellung: Die intrauterine Parvovirus (PV) B19 Infektion ist eine häufige Ursache von Anämie, Hydrops fetalis, Plazentomegalie, und Spontanabort. Seltene perinatale Manifestationen dieser Infektion sind Myokarditis, subkapsuläres Leberhämatom und Mekoniumperitonitis. Wir berichten über ein Frühgeborenes mit kongenitalen Darmstenosen und multiplen vaskulären Malformationen, die möglicherweise im Rahmen einer intrauterinen PV B19 Infektion entstanden sind. Wir stellen in dieser Kasuistik die Frage der Kausalität zwischen konnataler Infektion und den genannten Anomalien.

Methodik: In der 9. Schwangerschaftswoche entwickelte sich bei der Mutter ein unspezifisches Exanthem. Durch den Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper wurde eine Serokonversion bzgl. PV B19 bei der Mutter gesichert. Dopplersonographisch zeigte sich eine fetale Minderperfusion sowie eine Hyperechogenität des Darms. Entbindung per Sectio in der 29. Schwangerschaftswoche wegen Präeklampsie und Verschlechterung der fetalen Perfusion. Das Frühgeborene war dystroph mit einem Geburtsgewicht von 740g. Am 7. Lebenstag wurde wegen eines Mekoniumileus eine Laparotomie durchgeführt: es zeigten sich multiple intestinale Stenosen. Teile des Dünn- sowie der gesamte Dickdarm erschienen hypoplastisch. In Biopsien zeigten sich Veränderungen wie bei zystischer Fibrose, stellenweise vasculäre Ektasien sowie eine ausgeprägte Atrophie der Muscularis. Durch die Sequenzierung des CFTR-Gens wurden die häufigsten Mutationen der zystischen Fibrose ausgeschlossen. Durch PCR vom Darm und Plazenta wurde eine PV B19 Infektion nachgewiesen. Am ersten Lebenstag wurde eine Kleinhirnblutung sonographisch diagnostiziert, die später komplett resorbierte. Dopplersonographisch wurden neben prä- and paravertebralen vaskulären Malformationen zwei aortopulmonale Kollateralen diagnostiziert.

Ergebnisse: Nach unserer Kenntnis wurde der Nachweis von PV B 19-DNA aus dem Darm eines Kindes mit Mekoniumileus sowie eine mögliche Kausalität zwischen PV B 19-Infection und kongenitalen vaskulären Malformationen noch nicht beschrieben. Wir postulieren, dass eine frühe PV B 19-Infektion durch fetale Anämie und Hypoxämie einen Einfluss auf die embryonale Angiogenese haben kann.

Schlussfolgerung: Bei Frühgeborenen mit Mekoniumileus oder Peritonitis sollte eine konnatale PV B19-Infektion differentialdiagnostisch mitberücksichtigt werden. Hinsichtlich der Störung der Angiogenese sind für ein besseres Verständnis des Pathomechanismus dieser intrauterinen Infektion weitere Analysen erforderlich.