Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 154
DOI: 10.1055/s-2004-829359

Rhabdomyolyse mit akutem Nierenversagen bei Influenza A Infektion

A Dworschak 1, B Wiebe 1, U Pohlmann 1, M Ehlen 1, P Bartmann 1, R Scholer-Everts 1, G Schuler 1, U Kiwit 1
  • 1Asklepios Klinik St. Augustin (St. Augustin, Deutschland)

Einleitung: Rhabdomyolysen mit begleitendem Nierenversagen sind als seltene Komplikationen viraler Erkrankungen beschrieben. Wir berichten über ein 9 Jahre altes Mädchen mit ausgeprägter Rhabdomyolyse mit Myoglobinurie und dialysepflichtigem akutem Nierenversagen im Rahmen einer Influenza A Infektion.

Kasuistik: Die bislang gesunde Patientin wurde 5 Tage nach Beginn eines fieberhaften grippalen Infektes bei Tachypnoe mit Verdacht auf Pneumonie aufgenommen. Seit dem Vortag klagte sie über Schüttelfrost, Gliederschmerzen und ein starkes Durstgefühl. Bei Aufnahme bot sie Zeichen der Dehydratation bei Hypothermie und drohendem Kreislaufversagen. Das initiale Labor zeigte eine Leukozytose mit Linksverschiebung (Leukozyten 14500/µl mit 82% Granulozyten) bei negativem CRP, eine Hämokonzentration (Hämotokrit 59 Vol %) sowie Rhabdomyolysezeichen (CK 6260 U/l, GOT 95 U/l, LDH 645 U/l) bei ausgeglichenen Elektrolyten und normalen Retentionswerten. Die Urinanalyse ergab eine Proteinurie und positiven Hämoglobin-Nachweis bei negativer Erythrozyturie. Die Patientin wurde trotz Volumentherapie bei rascher kardiopulmonaler Dekompensation beatmungspflichtig. Bei arterieller Hypotension wurde unter massiver Volumensubstitution bei myokardialer Dysfunktion eine Katecholamintherapie mit Suprarenin, Noradrenalin, Dopamin, Dobutamin sowie Milrinon erforderlich. Trotz forcierter Diurese sowie Dauerpufferung entwickelte das Kind noch am 1. Behandlungstag ein akutes, dialysepflichtiges Nierenversagen. Gleichzeitig war ein exzessiver Anstieg der Serumkreatininkinase mit einem maximalen Wert von 199.100 U/l am 4. Tag zu verzeichnen. Rasche Normalisierung der Retentionswerte unter Hämodiafiltration (CVVHDF). Die Rhabdomyolyseparameter normalisierten sich entsprechend der Halbwertszeit der Serumkreatininkinase binnen 14 Tage. Im initialen Trachealsekret wurde Influenza A Antigen nachgewiesen.

Im Verlauf zeichnet sich unter intermittierender Dialyse eine langsame Erholung der Nierenfunktion mit einsetzender Diurese ab.

Zusammenfassung: Im Rahmen viraler Erkrankungen kann es in seltenen Fällen zu einer Rhabdomyolyse als extreme Variante einer akuten Myositis kommen. Das Influenzavirus wird in der Literatur häufig als Ursache infektiös bedingter Rhabdomyolysen genannt. Je nach Ausmaß der Myoglobinurie kann es zu einem akuten Nierenversagen kommen, wobei der nephrotoxische Effekt des Myoglobins durch eine Volumendepletion aggraviert werden kann.

Weitere lebensbedrohliche Komplikationen sind Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand, Verbrauchskoagulopathien und Kompartment-Syndrome.

Bei viralen Erkrankungen mit diffuser Myalgie sollte die Rhabdomyolyse als Differentialdiagnose erwogen werden, da ein Behandlungserfolg im wesentlichen von einem frühen Therapiebeginn unter Ausschöpfung maximaler intensivmedizinischer Möglichkeiten einschließlich Nierenersatzverfahren abhängig ist.