Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 145
DOI: 10.1055/s-2004-829350

Untersuchungen zur Assoziation der prä- und postnatalen Gewichtsentwicklung zu Polymorphismen im IGF-1-Gen

E Landmann 1, F Geller 1, S Schneider 1, J Schilling 1, L Gortner 1
  • 1Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-Liebig-Universität Gießen (Gießen, Deutschland)

Fragestellung:

Epidemiologische Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen niedrigem Geburtsgewicht und einem erhöhten Risiko der Entwicklung eines metabolischen Syndroms. Dies trifft insbesondere für Kinder mit im Säuglingsalter perzentilenschneidender Gewichtsentwicklung zu. Weiterhin werden genetische Variationen diskutiert, die die Insulinsekretion und somit sowohl das Geburtsgewicht als auch die Entwicklung einer pathologischen Glukosetoleranz bedingen können.

Wir untersuchten die Assoziation von Längenvariationen eines Polymorphismus in der Promotorregion des IGF-1-Gens (Wildtyplänge 192 bp) zum Geburtsgewicht und postnatalem Gewichtsverlauf.

Methodik:

Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung des Jahres 2002 der Stadt und des Kreises Gießen entnahmen wir nach schriftlicher Einverständniserklärung der Eltern Wangenschleimhautabstriche zur DNA-Extraktion bei 5,5–7jährigen deutschen Kindern. Anthropometrische Daten bei Geburt und im Alter von 1 und 2 Jahren wurden aus dem Vorsorgeheft übertragen. Ausschlusskriterien: Mehrlinge, Gestationsdiabetes, mütterlicher Diabetes mellitus, unklares Gestationsalter (GA), GA<37 und >42 SSW und gedeihrelevante Erkrankungen. SDS-Werte wurden berechnet aus adjustierten Werten für 40 SSW, 1 Jahr und 2 Jahre. Perzentilenschneidende Gewichtsentwicklung (Changer) wurde definiert als Sprung um >0,67 SDS von Geburt bis 1 Jahr/ 2 Jahre.

Nach Amplifikation des Genabschnittes erfolgte die Genotypisierung mittels Fragmentlängenanalyse. Assoziationen zwischen Geburtsgewicht und Genotyp wurden mit einem Regressionsmodell analysiert, zum Vergleich der Genotyphäufigkeiten wurde der Cochran-Armitage Trend Test eingesetzt.

Ergebnisse:

Von 1463 Kindern erfüllten 768 Kinder die Einschlusskriterien. Das mittlere Geburtsgewicht lag bei 3,46±0,44kg und war unabhängig vom Genotyp. Bei 205 Kindern war die Gewichtszunahme bis zum Alter von 1 Jahr (mittleres Geburtsgewicht 3,21±0,04kg versus 3,55±0,03kg bei Non-Changern) und bei 201 Kindern bis zum Alter von 2 Jahren (mittleres Geburtsgewicht 3,20±0,05kg versus 3,55±0,03kg) perzentilenschneidend. Weder bei Changern noch bei Non-Changern zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Genotyp und Geburtsgewicht. Der Genotyp 192/192 fand sich bei Non-Changern bis zum Zeitpunkt 1 Jahr signifikant häufiger als bei Changern (p=0,01).

Schlussfolgerung: Eine perzentilenschneidende Gewichtsentwicklung war assoziiert zu dem Polymorphismus im IGF-1-Gen. Inwiefern ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Polymorphismus, perzentilenschneidender Gewichtsentwicklung und dem Risiko eines metabolischen Syndroms besteht sollte weiter untersucht werden.