Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 61
DOI: 10.1055/s-2004-829266

Akutes Nierenversagen des Neugeborenen – Therapeutische Möglichkeiten und klinischer Verlauf

M Bald 1, M Holder 1, M Kroll 1, M Vochem 1, HE Leichter 1
  • 1Olgahospital (Stuttgart, Deutschland)

Fragestellung: Aufgrund von urogenitalen Fehlbildungen oder im Rahmen eines perinatalen Schockzustandes kann es schon bei Neugeborenen zu einem Nierenversagen kommen.

Methodik:

In den letzten zwei Jahren wurden 7 Neugeborene (5 Jungen, 2 Mädchen) mit akutem Nierenversagen (GFR<10ml/min*1,73m2 im ersten Lebensmonat) aus auswärtigen Kliniken in unser Zentrum verlegt, davon zwei Frühgeborene der 28. bzw. 35. SSW. In 4 Fällen trat das Nierenversagen aufgrund einer perinatalen Asphyxie, in den anderen Fällen bei Nierendysplasie auf.

Ergebnisse:

Bei 4 Patienten der 7 Patienten musste wegen einer Oligurie zwischen dem 3. und 8. Lebenstag mit einer Peritonealdialyse-Therapie begonnen werden. Bei 3 dieser Patienten war die Ursache eine perinatale Asphyxie; davon verstarb ein Frühgeborenes der 35. SSW mit Multiorganversagen nach 1 Tag Dialyse im protrahierten Kreislaufschock. Bei den anderen beiden Patienten nach Asphyxie konnte die Peritonealdialyse nach 6 bis 27 Tagen beendet werden; es kam bei unauffälliger psychomotorischer Entwicklung zu einer Stabilisierung der Nierenfunktion, die nach 3 bzw. 12 Monaten allerdings weiterhin deutlich eingeschränkt war (GFR 43 bzw. 33ml/min*1,73m2). Bei einem Frühgeborenen der 28. SSW mit ausgeprägter Nierendysplasie entwickelte sich nach Beendigung der akuten Dialyse am 8. Lebenstag eine terminale Niereninsuffizienz, so dass am 31. LT eine chronische Peritonealdialyse begonnen wurde. Der Patient verstarb im Alter von 4 Monaten an einer nicht beherrschbaren Sepsis.

Bei 3 Patienten mit ausreichender Diurese war eine Dialysetherapie nicht erforderlich. Es kam im Verlauf zu einem Anstieg des Serum-Kreatinins auf maximale Werte zwischen 2,9 und 6,7mg/dl (5.-14. Lebenstag). Bei 2 Kindern (1 mit dysplastischer Niere, 1 mit perinataler Asphyxie) kam es zwar zu einer deutlichen Verbesserung der Nierenfunktion (Serum-Kreatinin 0,7mg/dl), beide zeigen aber deutliche Entwicklungsrückstände aufgrund weiterer Fehlbildungen. Bei einem Mädchen mit ausgeprägter Nierendysplasie findet sich nach 6 Monaten noch eine ausgeprägte Niereninsuffizienz (GFR 12ml/min*1,73m2), die Entwicklung ist weitgehend unauffällig.

Schlussfolgerungen:

Ein Neugeborenes mit Niereninsuffizienz sollte schon frühzeitig in enger Zusammenarbeit zwischen Neonatologen und pädiatrischen Nephrologen in einem Zentrum mit der Möglichkeit zur akuten und chronischen Dialysetherapie behandelt werden. Überwässerung und Hyperkaliämie sind Indikationen für eine frühzeitige Dialysetherapie, ansonsten kann bei konservativer Therapie auch bei deutlichem Kreatininanstieg abgewartet werden. In den meisten Fällen kommt es im Verlauf zu einer Stabilisierung aber nicht Normalisierung der Nierenfunktion, so dass weitere nephrologische Verlaufskontrollen unabdingbar sind.