Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 36
DOI: 10.1055/s-2004-829241

Pilotstudie zur Kombination von verzögerter plazento-fetaler Abnabelung und rekombinantem Erythropoetin (rh EPO) zur Prävention der Frühgeborenen-Anämie

JR Fernandez Alvarez 1, N Hoedemaker 2, G Hülskamp 2, I Hörnig-Franz 2, I Holten 2, G Rellensmann 2, W Klockenbusch 3, L Kiesel 3, E Harms 2, H Rabe 1
  • 1Department of Neonatology, Brighton and Sussex University Hospitals NHS Trust, Eastern Road, Brighton, BN2 5BE, UK
  • 2Universitäts-Kinderklinik WWU, Münster, Germany
  • 3Universitäts-Frauenklinik WWU (Münster, Deutschland)

Fragestellung: Die optimale Therapie der Frühgeborenenanämie ist zur Zeit noch nicht bekannt. Therapieansätze beinhalten eine verzögerte plazento-fetale Abnabelung, frühe Gabe von Protein, Eisen und rh EPO. In dieser Pilot-Studie wurde untersucht, ob eine zusätzliche Kombination von verzögerter plazento-fetaler Abnabelung von 45s mit der Gabe von rh EPO 750 IU/kgKG/Woche ab 8.-10. Lebenstag einen Vorteil gegenüber kurzer Abnabelungszeit in Kombination mit rh EPO bringt.

Methodik: Prospektive, randomisierte Pilot-Studie bei Frühgeborenen unter 34 Schwangerschaftswochen. Ausschlusskriterien waren Rhesus-Inkompatibilität, Hydrops fetalis, kongenitale Fehlbildungen und Chromosomenaberrationen. Die Kontrollgruppe (Gruppe l) bestand aus einer Abnabelungszeit von weniger als 20s sowie einer standardisierten Zufuhr von Protein und Fe-II-Gabe (2mg/kg) ab Tag 28. In Gruppe II wurde nach 20s abgenabelt und die gleiche Proteinzufuhr wie zuvor verwendet, aber zusätzlich ab Tag 8–10 250 IU/kg rh EPO drei Mal pro Woche und ab Tag 14 Fe-II in steigender Dosis (6mg –12mg/kg) verabreicht. In Gruppe III wurde nach 45s abgenabelt, ansonsten aber wie in Gruppe II verfahren. Bluttransfusionen wurden nach einem festgelegten Schema gegeben. Schwangerschaftswoche, Geburtsgewicht, Hämoglobinwerte, Blutentnahmen und Transfusionshäufigkeit und -volumen in den ersten 42 Lebenstagen wurden erfasst und grafisch veranschaulicht. Die Studie wurde durch die Ethikkommission der WWU Münster genehmigt. Das Einverständnis der Eltern wurde vor der Geburt eingeholt.

Ergebnisse:

Mittelwerte/Patientengruppe

Gruppe I

Gruppe II

Gruppe III

Hb Tag 3 (g/dl)

15,96

15,79

17,52

Hb Tag 7 (g/dl)

15,06

13,47

16,42

Hb Tag 14 (g/dl)

13,38*

13,08*

15,40*

Hb Tag 21 (g/dl)

11,82

13,53

13,98

Hb Tag 28 (g/dl)

10,69

12,35

12,04

Darstellung der Hb-Werte bis zur ersten Transfusion, *=p<0,05

Schwangerschaftswoche (Gruppe I 30 SSW, Gruppe II 29 SSW, Gruppe III 30 SSW), Geburtsgewicht (Gruppe I 1152g, Gruppe II 1216g, Gruppe III 1461g) und Volumen der Blutentnahmen waren in den drei Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Gruppe II und III benötigten keine Transfusionen, wohingegen in Gruppe I neun von vierzehn Patienten (64%) transfundiert wurden (p<0,01, ANOVA). Nach 14 Tagen war der Hb-Wert in Gruppe III weiterhin deutlich höher als in Gruppe I und II (p<0,05, ANOVA).

Schlussfolgerung: Nach unserem Wissen ist dies der erste Bericht über die Kombination von verzögerter plazento-fetaler Abnabelung von 45s mit rh EPO. Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte der Transfusionsbedarf signifikant reduziert werden. Der bekannte verzögerte Wirkungseintritt von rh EPO nach circa zwei Wochen Behandlung ließ sich mit verzögerter plazento-fetaler Abnabelung effektiv überbrücken.