Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 28
DOI: 10.1055/s-2004-829233

Abdominelles Kompartment-Syndrom bei einem Neugeborenen mit Neuroblastom Stadium IV S

C Weisser 1, J Micallef 1, B Hanimann 1
  • 1Ostschweizer Kinderspital (St. Gallen, Schweiz)

Einleitung: Das abdominelle Kompartment-Syndrom ist ein im pädiatrischen/kinderchirurgischen Krankengut selten beschriebenes Krankheitsbild, welches vorwiegend im Rahmen von entzündlichen Prozessen wie nekrotisierender Enterokolitis, Enterokolitis bei M. Hirschsprung, aber auch als Folge eines abdominellen Traumas oder raumfordernder intraabdomineller Prozesse beobachtet wird. Die vitale Gefährdung durch den raschen Anstieg des intraabdominellen Druckes führt vor allem zur Beeinträchtigung der kardiopulmonalen und renalen Funktion und erfordert deshalb eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Kasuistik: Bei der routinemässigen Vorsorgeuntersuchung unserer Patientin im Alter von 4 Wochen fällt eine ausgeprägte abdominelle Distension auf. Die weitergehende Diagnostik ergibt den Nachweis eines Neuroblastoms Stadium IV S ausgehend von der linken Nebenniere. Die fulminante hepatische Tumorprogression führt zur intraabdominellen Druckerhöhung mit beginnender minderperfusionsbedingter Niereninsuffizienz sowie zu einer progredienten respiratorischen Beeinträchtigung. Deshalb erfolgt zunächst der Versuch das Tumorwachstum durch den Beginn einer cytostatischen Therapie nach dem Protokoll NB 97 Block N4 einzudämmen. Trotzdem wächst der Tumor unvermindert weiter und führt in Kürze zu einer beatmungspflichtigen Ateminsuffizienz. Die sich rasch entwickelnde untere Einflussstauung, die Oligo-Anurie, die katecholaminpflichtige Kreislaufinsuffizienz sowie das Zuspitzen der Beatmungssituation erzwingen eine abdominelle Druckentlastung, weshalb eine Laparostomie mit Einnähen einer Silastikfolie durchgeführt wird. Hierdurch gelingt es, die Beatmungs- und Kreislaufsituation sowie die Nierenfunktion eindrücklich innert kürzester Zeit zu verbessern. Die Regression der Tumorgröße erlaubt im Verlauf das schrittweise Raffen der Laparostomie mit einem endgültigen Verschluss der Bauchdecke nach 5 Wochen. Das heute 9 Monate alte Kind entwickelt sich zeitgerecht und befindet sich aus onkologischer Sicht in kompletter Remission.

Schlussfolgerung: Beim abdominellen Kompartment-Syndrom mit vitaler Gefährdung stellt die Laparostomie unter intensivmedizinischer Betreuung ein effizientes Behandlungsverfahren dar.