Pneumologie 2004; 58 - 23
DOI: 10.1055/s-2004-828921

Schlaf und schlafbezogene Atmungsstörungen 24 Stunden nach akutem Myokardinfarkt?

R Staats 1, R Hanske 1, W Lück 1, W Voss 2, B Schröter 2, C Nienaber 2, JC Virchow 1
  • 1Pneumologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universität Rostock
  • 2Kardiologie, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin Universität Rostock

Einleitung: Das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSAS) gilt als Risikofaktor für die Entstehung einer koronaren Herzerkrankung. Es besteht eine positive Korrelation zwischen dem Respiratory Disturbance Index (RDI) und der kardiovaskulären Mortalität. In der Literatur werden vermehrte zentrale Apnoen nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) beschrieben. Die Therapie des ACS hat sich aufgrund der raschen invasiven Koronarintervention sowie dem Einsatz von Clopidogrel und GPIIbIIIa Inhibitoren verändert, so dass die Frage aufkommt, ob schlafbezogene Atmungsstörungen bei Patienten nach invasiver Herzkatheterintervention bei akutem Koronarsyndrom seltener vorkommen.

Methoden: 14 männliche Patienten wurden mittels kardiorespiratorischer Polysomnographie (SleepScreen, Viasys) innerhalb von 24h nach einem akuten Myokardinfarkt (MI-Gruppe) untersucht. Alle Patienten hatten eine Koronarintervention erhalten.

Zusätzlich wurden 13 Patienten polysomnographisch untersucht, die elektiv zur Abklärung einer Angina pectoris mittels Herzkatheteruntersuchung stationär aufgenommen wurden (Kontroll-Gruppe).

Resultate: MI-Gruppe: Mittlerer Bodymass Index (BMI) 28,4kg/m2 (24.8–37.0). Laborparameter: Troponin-T bei allen Probanden signifikant erhöht. CK max: 167–5797 U/l; 10/441 U/l. Ein RDI >5/h wurde bei 10 Patienten (71%) gefunden, ein RDI >10/h bei 7 Patienten (50%). Der mediane RDI lag bei 10,4/h (25%: 4.8; 75%: 32.3). Eine relevante Cheyne-Stokes-Atmung (3 Zyklen crescendo/decrescendo; > als 5/h Schlaf) wurde bei 3 Patienten beobachtet. Bei einem Patient war die Cheyne-Stokes-Atmung die vorwiegende Atmungsstörung, 2 andere Patienten wiesen ein Mischbild mit überwiegend obstruktiven Ereignissen auf. Bei 4 Patienten lag die Sauerstoffsättigung mehr als 5% der Zeit unter 90% SaO2 (0–27% der Zeit). Die minimale O2-Sättigung betrug 42%–91%. Bei allen Patienten war der Schlaf ausgesprochen fragmentiert und durch lange Wachphasen unterbrochen. Die mediane Schlaferhaltungseffizienz betrug 56.9% (46.0–63.1). Der mediane Tiefschlafanteil 8,3% (0–16,9)

Kontroll-Gruppe: BMI 27,7kg/m2, keine Erhöhung von Troponin-T, CK, CKMB. Ein RDI>5/h wurde bei 6 Patienten (46%) gefunden. Im Vergleich zu den Patienten nach akutem Myokardinfarkt lag der mediane RDI mit 5,8/h (4,0–15,1/h) deutlich niedriger. Das Ergebnis war jedoch nicht signifikant p=0.058. Vorwiegend zentrale Apnoen fanden sich bei einem Patienten, jedoch ohne das typische Muster einer Cheyne-Stokes-Atmung. Weder der Desaturierungsindex noch der prozentuale Anteil von SaO2<90% unterschieden sich wesentlich zwischen den 2 Gruppen. Die Schlaferhaltungseffizienz war mit 84,7% (77.9–87,8) signifikant besser als in der MI-Gruppe (p=0.003). Der mediane Anteil an Tiefschlaf war mit 16,5% (11.9–22,6) ebenfalls höher als in der MI-Gruppe, erreichte jedoch keine stat. Signifikanz (p: 0.095).

Diskussion: In diesen vorläufigen Resultaten war der RDI bei einem hohen Anteil der Patienten in der Postinfarktphase erhöht. Tendentiell muss davon ausgegangen werden, dass nach einem akutem Koronarsyndrom gehäuft respiratorische Ereignisse beobachtet werden, auch wenn das Resultat gegenüber der Kontrollgruppe nicht signifikant war. Vermehrte zentrale Apnoen bzw. Cheyne-Stokes-Atmung fanden wir im Gegensatz zu anderen Arbeitsgruppen nicht. Da alle eingeschlossenen Pat. in einem engen Zeitfenster mittels Angioplastie therapiert wurden und bei der polysomnographischen Untersuchung wesentliche Angina pectoris Symptome fehlten, ist dies eventuell auf die schnelle Intervention und Thrombozytenaggregationshemmung zurückzuführen. Wir fanden, wie andere Untersucher, bei allen Probanden eine fragmentierte Schlafarchitektur mit vermindertem Tiefschlaf. Wieweit dies durch die äußeren Bedingungen einer Coronary Care Unit bedingt ist und ob es die Postinfarktphase ungünstig beeinflusst, lässt sich momentan nicht abschätzen.