Pneumologie 2004; 58 - 15
DOI: 10.1055/s-2004-828913

OSAS und Neuroplastizität. Einfluss der CPAP-Therapie auf den BDNF-Spiegel im Serum

R Staats 1, P Stoll 1, A Bier 1, JC Virchow 1, M Lommatzsch 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Abt. Pneumologie

Einleitung: Patienten mit einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS) leiden nicht nur an gestörtem Schlaf und nächtlicher Hypoxämie, sondern auch an chronischen Veränderungen der Vigilanz, depressiven Symptomen und kognitiven Defiziten. Der Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) ist ein wichtiger Modulator der Neuroplastizität, der in Neuronen, Thrombozyten, Endothelzellen und aktivierten Enzündungszellen vorkommt. Er vermittelt Lernprozesse in bestimmten zentralnervösen Strukturen, unter anderem im Atemzentrum. Hypoxämien erhöhen den BDNF-Spiegel, während depressive Verstimmungen, erhöhte Blutfettwerte und chronischer Stress den BDNF-Spiegel vermindern. Aufgrund des Erkrankungsbildes von OSAS-Patienten könnte daher BDNF eine pathophysiologische Rolle beim OSAS spielen.

Methoden: 20 männliche Patienten mit OSAS [Medianwerte (25%–75% Perzentile): ESS: 12 (10–16); RDI: 52/h (25–70); SWS: 7,2 (2–9) %/TST und SaO2<90%: 88%/TST (85–92)] wurden im Schlaflabor mittels Polysomnographie (ALICE III) diagnostiziert. In der darauffolgenden ersten Nacht mit CPAP ergaben sich folgende Parameter: RDI: 5,5/h (3–8); SWS: 9,6/TST (5,7–20); SaO2<90%: 7,5%/TST (1–20). 16 der Patienten erschienen nach 3 Monaten zur CPAP-Kontrolle, wobei folgende Parameter erhoben wurden: ESS: 5 (3–7); RDI: 3,1/h (1.1–4.5); SWS: 14.5%/TST (5,2–19.6); SaO2<90%: 0%/TST (0–6.2). Bei 12 männlichen gesunden Kontrollen wurden mittels ambulanter Polysomnographie (SleepScreen, Viasys) folgende Werte erhoben: RDI: 2,3/h (1,9–4); SWS: 15,6%/TST (13,3–20,0) und SaO2<90%: 0.0%/TST (0–0.5). Blutentnahmen erfolgten bei Patienten und Probanden um 600 Uhr im Liegen.

Ergebnisse: Nach CPAP Therapie und 3 Monate nach Therapiebeginn waren RDI, SWS, und % SaO2<90% signifikant gebessert gegenüber dem Ausgangswert und blieben bei der 3 Monats-Kontrolluntersuchung stabil. Der mediane BDNF-Spiegel sank nach Einleitung der CPAP-Therapie von 18.5ng/ml (14,1–26,1) auf 4,9 (CI: 2.5–8.5) ng/ml. Nach 3 Monaten stieg der BDNF-Spiegel signifikant auf 14,6 ng/ml (8,8–18,7) an und war gegenüber dem Ausgangswert nicht signifikant unterschiedlich. In der Kontrollgruppe lag der BDNF-Spiegel bei 21,47ng/ml (16.1–24.9) und war somit nicht signifikant unterschiedlich gegenüber der Patientengruppe. Sowohl nach einer Nacht CPAP-Therapie als auch nach 3 Monaten war der BDNF-Spiegel in der OSAS-Gruppe signifikant niedriger gegenüber der Kontrollgruppe. Im Gegensatz zur Situation vor Einleitung der CPAP-Therapie fand sich nach 3-monatiger CPAP-Therapie eine negative Korrelation zwischen dem BDNF Spiegel und der subjektiven Einschlafneigung mittels Epworth Sleepiness Scale (ESS) (r=–0,55, p=0.04).

Schlussfolgerung: Nach Reduktion der Hypoxämie durch CPAP-Einleitung kam es innerhalb weniger Stunden zu einem starken Abfall der BDNF-Spiegel. Die niedrigen BDNF-Spiegel nach CPAP-Einleitung wurden durch eine 3-monatige Therapie signifikant erhöht, erreichten jedoch nicht das Niveau gesunder Kontrollprobanden. Die Differenz der BDNF-Spiegel nach 3 Monaten zu den BDNF-Spiegeln gesunder Kontrollprobanden korrelierte mit der verbleibenden subjektiven Einschlafneigung der Patienten. Somit könnte BDNF einen humoralen Parameter darstellen, der die verbleibende subjektive Symptomatik nach Einleitung einer CPAP-Therapie reflektiert.