Z Gastroenterol 2004; 42 - 4
DOI: 10.1055/s-2004-826906

Erstdiagnose der hereditären Fruktoseintoleranz im Erwachsenenalter

L Dzirlo 1, E Poeschl 1, E Kerstan 1, M Gschwantler 1
  • 1Wilhelminenspital, 4. Medizinische Abteilung, Wien

Einleitung: Die hereditäre Fruktoseintoleranz (HFI) ist eine autosomal rezessiv vererbte, metabolische Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 1: 20.000, verursacht durch die katalytische Inaktivität der Fruktose-1-Phosphatase (Aldolase B). Nach Genuss fruktosehältiger Produkte kommt es typischerweise zum Auftreten gastrointestinaler Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und diffuser Bauchschmerzen. Bei Zufuhr größerer Mengen an Fruktose können sich schwere Komplikationen wie Hypoglykämie, metabolische Azidose oder eine Schocksymptomatik mit Zeichen des akuten Leber- und Nierenversagens entwickeln. Bei etwa 90% aller Patienten mit HFI wird die Diagnose innerhalb des ersten Lebensjahres gestellt. Über eine Erstdiagnose der HFI im Erwachsenenalter wurden bisher nur vereinzelte Fallberichte publiziert.

Fallbericht: Ein 47-jähriger Mann wurde zur Abklärung einer seit der Kindheit bestehenden gastrointestinalen Symptomatik mit abdominellen Schmerzen, Blähungen und Diarrhoen an unsere Ambulanz überwiesen. Er berichtete, dass diese Beschwerden besonders nach dem Genuss von Süßigkeiten auftreten und er daher seit der Kindheit Süßigkeiten gemieden habe. In seinem Leben seien bereits fünfmal Kollapszustände mit kurz andauernder Ohnmacht aufgetreten, deren Ursache nie geklärt worden sei. Ein H2-Laktose Atemtest war unauffällig. Aufgrund der Anamnese wurde ein Fruktose Atemtest durchgeführt. Dabei wurden 50g Fruktose aufgelöst in 250ml Tee oral appliziert. 30 Minuten nach der Fruktosegabe kam es zum Auftreten von Übelkeit, starken abdominellen Schmerzen, Schweißausbrüchen, Zittern und Verwirrtheit. Der Blutzuckerwert betrug 55mg/dl. Der Test wurde abgebrochen und der Patient erhielt eine Infusion mit 500ml 5% Glucose, worauf die geschilderte Symptomatik verschwand. Die genetische Untersuchung zeigte die in Mitteleuropa häufige Mutation A149P auf beiden Allelen des Aldolase B-Gens.

Der Patient wurde auf eine streng fruktosefreie Diät gesetzt und ist seither beschwerdefrei.

Schlussfolgerungen: Bei der Abklärung unklarer gastrointestinaler Symptome und unklarer Hypoglykämien nach Genuss fruktosehältiger Nahrungsmittel sollte auch im Erwachsenenalter eine HFI in die differentialdiagnostischen Überlegungen miteinbezogen werden.

Da es im Rahmen eines Fruktose Atemtests bei Patienten mit HFI zu schweren Komplikationen kommen kann, sollte bei klinischem Verdacht auf HFI auf diese Untersuchung verzichtet werden und statt dessen eine genetische Untersuchung des Aldolase B-Gens veranlasst werden.