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DOI: 10.1055/s-2004-825237
Das „Marburger Modell“ – Ein Konzept zur Gruppen- und Intensivprophylaxe von den Anfängen bis hin zu den neuesten Entwicklungen
Die Gruppenprophylaxe nach dem Marburger Modell startete in der Stadt Marburg im Schuljahr 1981/82 und wurde 1988 auf den Landkreis Marburg-Biedenkopf ausgeweitet. Seit dem Schuljahr 1992/93 wird die Basisprophylaxe (Zahnputztraining, Wissenswertes rund um den Mund, Duraphattouchierung 2x/Jahr und Vorsorgeuntersuchung 1–2 x/Jahr) in allen 1. –6. Klassen durchgeführt. Die Kariesreduktion im Vergleich zu Kindern, die nicht fluoridiert wurden, betrug 4 Jahre nach Einführung des Programms ca. 40%.
Aktuell betreuen 3 zahnärztliche Teams (finanziert vom Landkreis) sowie 5 Prophylaxehelferinnen und 1 Ökotrophologin (finanziert von den Krankenkassen) 16.800 Schülerinnen und Schüler von denen 13.500 an der Fluoridlacktouchierung teilnehmen.
Für Kinder in Schulen mit einem hohen Anteil von Kariesrisikokindern wurde seit dem Schuljahr 1995/96 die präventive Betreuung intensiviert: In 2 Marburger Brennpunktschulen und 3 Schulen im Landkreis Marburg-Biedenkopf wurde die Basisprophylaxe um 2 zusätzliche Besuche mit Gesundheiterziehung, Zahnputzübungen und Fluoridlackapplikationen erweitert. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung dieses Projektes in Marburg wurde über 4 Jahre hinweg überprüft, ob sich die Intensivierung der präventiven Betreuung positiv auf die Mundgesundheit auswirkte.
Lag der DMF-T der Viertklässler des Jahrgangs 1997/98 (Vergleichsgruppe ohne Intensivbetreuung) noch bei 1,4, so war bei den vierteljährlich betreuten Kindern des Jahrganges 1998/99 (Versuchsgruppe) ein DMF-T-Wert von 1,0 zu verzeichnen. Dieser Kariesrückgang um 28,8% veranlasste uns, das Intensivprogramm fortzuführen und in weiteren Schulen anzubieten.
Da in diesen sozialen Brennpunkten bereits die Schulanfänger einen wesentlich höheren dmf-t bzw. DMF-T aufweisen als in anderen Einzugsgebieten, ist eine frühe gruppenprophylaktische Betreuung sehr wichtig. Deshalb wird seit 1999/00 in 14 Kindergärten ein Programm mit intensiven Mundhygienemaßnahmen, Ernährungseinheiten, Vorsorgeuntersuchungen, Duraphattouchierungen, Elternarbeit und Erzieherinnenfortbildungen angeboten. Durch diese Maßnahmen konnte die Anzahl der Risikokinder von 40% auf 25% und der dmf/t-Wert von 4 auf 2,7 reduziert werden.
In Zusammenarbeit mit der Marburger Zahnklinik wurden zuletzt im Frühjahr 2002 bei 2140 Schülern der 6. Klassen die Kariesprävalenz, der Sanierungsgrad, die Zahl der versiegelten Zähne und mithilfe eines Elternfragebogens auch die Prophylaxeexposition in der Individual- und Gruppenprophylaxe bestimmt.
In der bivariaten Analyse zeigten Fissurenversiegelungen, die Häufigkeit des Zähneputzens, die Einnahme von Fluoridtabletten, die Verwendung fluoridierten Haushaltssalzes und Fluoridlackapplikationen einen Zusammenhang mit der Zahngesundheit.
Der mittlere DMF-T betrug 0,94 bei einem Anteil kariesfreier Schüler von 65%. Der Significant Caries Index (SiC) der 12-Jährigen unterschritt mit 2,26 bereits 2002 den von Bratthall für 2015 postulierten Schwellenwert.
Darüber hinaus bieten wir seit Herbst 2000 halbjährlich in Sonderschulen und den Haupt- und Realschulen der Stadt Marburg die Duraphattouchierung über die 6. Klasse hinaus an.
In Stadtallendorf, einer Stadt mit hohem Ausländeranteil, wird das Marburger Modell durch eine zahnärztliche Müttersprechstunde (Zielgruppe: 0–3-Jährige) ergänzt.