Gesundheitswesen 2004; 66 - 30
DOI: 10.1055/s-2004-825171

Ressourcensteuerung und ökonomische Analysen als Aufgabe der Kommunalen Gesundheitsberichterstattung: ein Erfahrungsbericht

G Tempel 1
  • 1Gesundheitsamt Bremen

Als Planungsinstrument hat Kommunale Gesundheitsberichterstattung die Aufgabe, gesundheitliche Risiken und Versorgungslagen zu beschreiben, Impulse bei der Festlegung gesundheitspolitischer Zielsetzungen zu geben und eingeleitete Maßnahmen zu evaluieren. In dieser Funktion soll die Kommunale Gesundheitsberichterstattung auf eine bedarfsgerechte, rationale Steuerung eingesetzter Ressourcen hinwirken.

Aus diesem Aufgabenprofil lässt sich ohne Schwierigkeit eine moralisch integere Position ableiten, die gute Identifikationsmöglichkeiten bietet. Vor allem die Darstellung von Versorgungsdefiziten erlaubt es der Kommunalen Gesundheitsberichterstattung, quasi die Rolle eines Anwalts gesellschaftlicher Problemgruppen einzunehmen. Bestärkt wird dieses Selbstverständnis durch den Auftrag des ÖGD, den gesundheitlichen Folgen sozialer Benachteiligung entgegenzuwirken und gegebenenfalls subsidiäre Leistungen zur gesundheitlichen Versorgung bereitzustellen. Entsprechend attraktiv dürfte es sein, von dieser Warte aus sozialstaatliches Handeln anzumahnen.

Deutlich unangenehmer wird es, wenn Kommunale Gesundheitsberichterstattung von vornherein eine kritische Distanz zu Interessengruppen herstellt. Die wiederum ist eine Voraussetzung einer auf Rationalität beruhenden Ressourcensteuerung, denn Effizienzbetrachtungen und Ergebnisbewertungen können in der Konsequenz auch das Aus für die eine oder andere Maßnahme bedeuten, und gesundheitsökonomische Analysen bergen stets die Gefahr, sich vor Ort unbeliebt zu machen.

Angesichts der zurzeit stattfindenden Neudefinition staatlicher Aufgaben und Verantwortung, vor allem aber wegen der desolaten finanziellen Situation der Gemeinden ist vorhersehbar, dass die Politik von der Kommunalen Gesundheitsberichterstattung eine kritische Bewertung eingesetzter bzw. eingeforderter Mittel erwartet, die auch ökonomische Aspekte zumindest berücksichtigt. Die dabei entstehenden Konfliktlinien lassen sich am Beispiel einer Aufarbeitung des Themas „Öffnung des Altenhilfesystems für ältere Migranten“ gut darstellen. Hier prallten wohlfahrtsstaatlich geprägte Vorstellungen auf die Frage, ob diese spezifische Form der Versorgung Mehraufwand bedeutet und wie dieser gegebenenfalls finanziert werden soll. Die daraus resultierende Debatte zeigte, wie wenig selbstverständlich ökonomische Denkweisen in der Kommunalen Gesundheitsberichterstattung sind, und dass sie eher als Zumutung denn als berechtigte Perspektive wahrgenommen werden.

Ökonomische Betrachtungen sind, wenn es um die Zuweisung knapper Ressourcen geht, ein wichtiger Teil eines rational geführten Entscheidungsprozesses. Von daher bleibt der Kommunalen Gesundheitsberichterstattung nichts anderes übrig, als sich diesen Themenbereich anzueignen und als notwendigen Bestandteil zu integrieren.