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DOI: 10.1055/s-2004-825086
Psychosoziale Nachsorge – Sperrgebiet für psychisch kranke Straftäter?
Die therapeutische Versorgung psychisch kranker Straftäter in Deutschland ist auch fast drei Jahrzehnte nach der Psychiatriereform in weiten Bereichen weiterhin unbefriedigend. Dieses gilt im internationalen Vergleich, wo viele europäische Länder deutlich weiter sind. Es gilt für den Bereich der stationären Versorgung in Deutschland, wo – insbesondere im Regel-, sehr wohl aber auch im behandlungsorientierten Maßregelvollzug – vielerorts noch große Versorgungsdefizite bestehen. Und die These bestätigt sich wieder im Bereich der ambulanten Nachsorge psychisch kranker Rechtsbrecher.
In den Jahren der Unterbringung im (Maß-) Regelvollzug werden wesentliche Grundlagen für ein späteres rezidivfreies Verhalten gelegt. Die therapeutische Arbeit endet aber keinesfalls mit dem Zeitpunkt einer (bedingten) Entlassung aus Maßregel- oder Regelvollzug. Dies lehren uns eine Vielzahl internationaler Studien, aber auch eigene Erfahrungen. Institutionell (scheinbar) erfolgreiche Therapiemaßnahmen müssen sich außerhalb von Einrichtungen erst einmal bewähren – nicht selten gelingt schon der Transfer in die Gesellschaft nicht erfolgreich.
Um dieser Problematik angemessen begegnen zu können, hat die Klinik für Forensische Psychiatrie Haina in Hessen bereits vor 15 Jahren eine forensisch orientierte Nachsorgeambulanz implementiert. Nach den Prinzipien des Casemanagement und des ‘Assertiv Community Treatment' versuchen die Mitarbeiter zum einen den Transfer stationärer Behandlungserfolge in das Entlassungsumfeld abzusichern. Sie führen aber auch eigenständig Therapien durch und versuchen Wissens- wie Versorgungslücken innerhalb der etablierten psychosozialen Nachsorgestrukturen zu füllen.
Der Vortrag wird schwerpunktmäßig die Bedürfnisse bedingt entlassener Maßregelvollzugspatienten (§ 63 StGB) aufzeigen und einige Problemfelder im psychosozialen Nachsorgeumfeld kritisch beleuchten.