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DOI: 10.1055/s-2004-825049
Arbeitszeitmodelle als Teil von Prävention?
Über den nationalen Bereich hinausgehende Entwicklungen hin zur Auflösung traditioneller Arbeitsformen und Unternehmensstrukturen, etwa durch neue Kommunikationstechniken, führen zu einer zunehmenden Nutzung der Zeitkapazitäten der Beschäftigten. Die Regelungen der Arbeitszeit stellen nach ihrer Entstehungsgeschichte nicht auf die damit verbundene psychisch ausgerichtete Frage nach der Verfügungsgewalt über die eigene Lebenszeit ab, sondern primär auf den Erhalt der physischen Leistungsfähigkeit.
Vorbeugender Gesundheitsschutz war nicht Primärziel. Erst mit dem Topos „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ trat dieser Aspekt stärker hervor. Die aktuelle Diskussion geht darüber hinaus, sie setzt mit dem Ziel der Motivationssteigerung die selbstverantwortliche Gestaltung der Arbeitszeit in den Mittelpunkt und bildet dazu die Maxime, dass nicht die Arbeitszeit im Sinne der am Arbeitsplatz verbrachten Zeit zählt, sondern der „Output“. Dabei wird die Möglichkeit, selbst über seine Arbeitszeit zu bestimmen, besonders hervorgehoben und als motivations- und leistungsfördernd begriffen. Darauf soll auch die präventive Wirkung der neuen Arbeitszeitmodelle beruhen. Diese möglichen positiven Folgen dürfen nicht überschätzt werden. Die größten Personalkörper im Landesdienst (Vollzugs- und Schulbereich) profitieren nur eingeschränkt von der Arbeitszeitflexibilisierung und in den Schwerpunktbereichen der typischen Bürotätigkeit kommt folgendes Phänomen zum Tragen, das möglichen präventiven Ansätzen zuwiderläuft:
Beschäftigte mit hohem Arbeitsethos geraten verstärkt in die Gefahr der „Selbstausbeutung“ und unter stärkeren Arbeitsdruck, weil sie nicht durch fixe Arbeitszeiten daran gehindert werden, unentwegt ihrer Arbeit nachzugehen. Diese Folge wird bei der Diskussion oft ausgeblendet. Sie muss aber stärker ins Kalkül gezogen werden, wenn die Flexibilisierung der Arbeitszeit insgesamt präventiv günstige Wirkungen zeitigen soll.
These:
Die Flexibilisierung der Arbeitszeit kann für die Gesundheit kontraproduktiv sein, so dass es fragwürdig bleibt, ob sie sich insgesamt positiv auf den Gesundheitszustand der Beschäftigten auswirkt.