Zentralbl Chir 2004; 129(3): 234-238
DOI: 10.1055/s-2004-822738
Medizin und Recht

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Rechtliche Risiken eines mit Hepatitis B, C oder HIV infizierten Chirurgen bei Gefährdung oder Ansteckung seiner Patienten und Versicherungsschutz gegen die finanziellen Folgen einer hierauf beruhenden Tätigkeitseinschränkung

Legal Risks of Surgeons Infected with Hepatitis B, C or HIV VirusG. Hirschberg1
  • 1Alte Leipziger Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit, Oberursel
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Publication Date:
06 July 2004 (online)

Einleitung

In den letzten Jahren wurde in den Medien berichtet, dass Hepatitis B, C oder gar HIV von infizierten Chirurgen auf deren Patienten im Zusammenhang mit operativen Eingriffen übertragen worden sind. In der medizinischen Fachliteratur wird dieses Problem seit längerem untersucht und statistisch ausgewertet. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen verbleibt ein Restrisiko [1]. Erinnert sei beispielsweise an den Fall eines Herzchirurgen, der im Rahmen seiner operativen Tätigkeit Patienten mit dem Hepatitis B-Virus angesteckt hat. In einem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14.3.2003 wurde er wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwölf Fällen zu einer hohen Geldstrafe verurteilt [2]. Nach der Veröffentlichung dieses Urteils in der Presse verstärkte sich der Wunsch nach mehr Patientenschutz im Zusammenhang mit nosokomialen Infektionen. Es handelt sich dabei um ein vielschichtiges Problem, dessen Lösung unter rechtlichen Gesichtspunkten einer sorgfältigen Abwägung des verständlichen Verlangens nach Patientenschutz mit dem Interesse des Chirurgen an der Fortsetzung seines Berufes bedarf. Dabei sind verschiedene Rechtsgebiete zu beachten. Aus dem Bereich des öffentlichen Rechtes ist neben strafrechtlichen Vorschriften insbesondere das neue Infektionsschutzgesetz für präventive Maßnahmen bis hin zum Berufsverbot zu beachten. Arbeitsrechtliche Konsequenzen für den infizierten Chirurgen, beispielsweise die Einhaltung von Auflagen, Einschränkungen hinsichtlich seines Tätigkeitsfeldes bis hin zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung stützen sich hingegen auf weitgehend gestaltbare Vorschriften des Privatrechtes. Zivilrechtliche Vorschriften, die bei Verletzung des Behandlungsvertrages und unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung den Chirurgen zum Schadenersatz verpflichten, sind darüber hinaus zu beachten. Für den Chirurgen, der eine seine berufliche Existenz unter Umständen gefährdende Situation wegen seiner Ansteckungsgefahr nicht von vornherein ausschließt, wird sich schließlich noch die Frage stellen, ob es für ihn geeigneten Versicherungsschutz unter anderem gegen die finanziellen Folgen einer ihm auferlegten oder freiwillig vorgenommenen Tätigkeitseinschränkung gibt und wie er diesen erlangen kann.

Die Funk-Gruppe Internationale Versicherungsmakler & Risk Consultants hat daher den Verfasser gebeten, zu diesem Problem unter rechtlichen Gesichtspunkten auf dem 17. Chirurgentag in Hamburg im Rahmen eines Kurzvortrages Stellung zu nehmen. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich hierauf.

Literatur

  • 1 Hofmann F, Jilg W (Hrsg). Nosokomiale Übertragung von HBV, HCV und HIV, Gefährdung durch infiziertes Personal/1. Wuppertaler Kolloquium „Arbeit und Infektionsschutz”, ecomed 1998Beier FJ. Das Risiko der Patientengefährdung durch Hepatitis-B-infektiöse Operateure: Die Gesundheitsüberwachung des medizinischen Personals in Krankenhäusern muss auf den Prüfstand. Das Gesundheitswesen 2000; 02Roß RS, Viazov S, Roggendorf M. Zur Diskussion um nosokomiale Hepatitis C-Übertragungen durch infiziertes medizinisches Personal, DMW 2000; 36Fischer F, Nauert T. Nosokomiale Übertragung von HBV und HCV durch im Gesundheitsdienst Tätige. Das Gesundheitswesen, 2003; 04Hasselhorn H-M, Hofmann F. Nosokomiale Hepatitis B-Virus-, Hepatitis C-Virus und HIV-Infektionen durch infektiöses medizinisches Personal. Das Gesundheitswesen 1998; 545-551Schmid K, Lederer P, Frank P, Drexler H. Infiziertes Personal im Gesundheitsdienst, Infektionsschutz im Spannungsfeld zwischen Arbeitsschutz und Patientenschutz. Arbeitsmedizinische Praxis 2002; S. 95Hepatitis B. Ratgeber Infektionskrankheiten, 17. Folge. Robert Koch InstitutZur Verhütung von Hepatitis-B-Virusinfektionen im Gesundheitsdienst. Epidemiologisches Bulletin 30/99. Robert Koch InstitutEmpfehlungen zur Verhütung der Übertragung von Hepatitis-C-Virus durch infiziertes Personal im Gesundheitsdienst. Mitteilung der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung von Viruskrankheiten. Epidemiologisches Bulletin 3/2001. Robert Koch Institut
  • 2 BGHZ 2 StR 239/02
  • 3 Bales/Baumann/Schnitzler. Infektionsschutzgesetz. 2. überarbeitete Auflage, § 28 Anm. 3, § 31 Anm. 4Erdle. Infektionsschutzgesetz. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, § 28 Anm. 1, § 31 Abs. 3
  • 4 Brandenburg S, Remé T. Virushepatitis als Berufskrankheit. 2. Aufl. S. 177-178
  • 5 BAG NJW 1990; 141Küttner, Personalhandbuch des Arbeitsrechtes 2003, Nr. 59Lepke, RdA 2000, 87Löwisch, DB 1976, 936
  • 6 BAG DB 91, 1934 und Heberer BDC Chirurg Nr. 3/2000
  • 7 BAG DB 1997, 1039
  • 8 BAG BB 1983, 899
  • 9 BAG NZA 1987, S. 555
  • 10 Lepke, DB 1987, S. 1300Klak, BB 1987, S. 1386
  • 11 BAG BB 1986, S. 2273
  • 12 Hirschberg G. DAJ-Dokumentation 4. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung 1992. S. 92
  • 13 BGH VersR 1970, S. 814
  • 14 BSG 13, 255

Rechtsanwalt Günter HirschbergDirektor 

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