Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2004; 30(2): 104
DOI: 10.1055/s-2004-820808
Praxismanagement

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Integrierte Versorgung und andere Neuheiten - Was im GMG an Möglichkeiten steckt

Klaus Schmidt1
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Publication Date:
30 March 2004 (online)

Den Krankenkassen werden durch das GMG (GKV-Modernisierungs-Gesetz) neue Instrumente für den Wettbewerb an die Hand gegeben. Neue Versorgungsformen wie die hausarztzentrierte Versorgung, besondere Versorgungsaufträge, Medizinische Versorgungszentren oder die integrierte Versorgung nach § 140 SGB V können Sie mit Vertragsärzten, aber zum Teil auch mit weiteren Leistungserbringern, vertraglich vereinbaren - mal mit, mal ohne KV-Zutun.

Die integrierte Versorgung nach § 140 a-h war zwar schon Ende 1999 in das Gesetz eingefügt worden, aber es ist so gut wie nie zu einem Vertragsabschluss gekommen. Schuld waren die gesetzliche Überregulierung, die blockierende Rahmenvereinbarung zwischen Kassen und KBV und vor allem das Problem, die Gesamtvergütung sauber um den Aufwand für die integrierte Versorgung zu bereinigen. Das hat aber engagierte Vordenker unter den Ärzten, geschäftstüchtige Krankenhaus-Manager und interessierte Betreiber von Management-Gesellschaften nicht daran gehindert, in die Richtung integrierte Versorgung weiterzuarbeiten.

Frühere Modelle

Ein ganz frühes und funktionierendes Modell der integrierten Versorgung bietet die Bundesknappschaft seit Ende 1999 mit dem Gesundheitsnetz „Prosper” in Bottrop. Im Saarland startete im April 2001 ein zweites Gesundheitsnetz. Weitere sollen folgen. Der Vorzug liegt in der engen Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung. Die Bundesknappschaft tut sich damit leichter als andere Kassenarten, da sie nicht nur Versicherer, sondern auch Krankenhausträger ist.

Einen anderen Weg haben Hausärzte in München beschritten. 1995 entstanden hier die ersten Hausarzt-Kreise; inzwischen sind es zirka 80 in ganz Bayern. 15 von ihnen haben sich 1998 in einer GmbH organisiert, die in München mehrere Bereitschaftspraxen eröffnet hat. 2001 wurde in München das Netz „Patient-Partner-Ärzte-Verbund” mit dem Ziel einer vertikalen Vernetzung gegründet. Allgemeinarzt Dr. Elmar Schmid, Vorstandsmitglied des Vereins für integrative Versorgung (ViP), nennt als Ziel, mit den Krankenkassen einen Vertrag über integrierte Versorgung abzuschließen. Das Idealmodell eines IV-Unternehmens hat der Verein mit dem „Brannenburger Modell” entwickelt: Es handelt sich um einen Zusammenschluss von ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen, der sowohl als Gesundheitszentrum wie auch als loser Verbund organisiert werden kann. Stationärer und ambulanter Bereich arbeiten eng zusammen. Unter der Trägerschaft einer „Versorgungs-GmbH” agieren Mediziner als Gesundheitsmanager und koordinieren die Gesamtversorgung. Die betriebliche Leitung kümmert sich um Planung, Finanzierung, Einkauf und Personalangelegenheit.

Im Bundesland Brandenburg existieren seit 1992 Gesundheitszentren als GmbH mit angestellten und freiberuflich tätigen Ärzten. Das Gesundheitszentrum Lübbenau - zwölf angestellte und vier freiberufliche Ärzte, Laborgemeinschaft, Praxis für Physiotherapie, Apotheke, Hörgeräte, Fußpflege, Orthopädieschuhtechnik - hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt nach einer Besichtigung vor zwei Jahren so attraktiv gefunden, dass sie nach diesem Vorbild die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ins GMG schrieb.

Medizinische Versorgungszentren

Das MVZ nach § 95 SGB V ist eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, erläuterte Ministerialdirigent Dr. Ulrich Orlowski, Leiter der Unterabteilung Krankenversicherung im BMGS, auf einer Fachtagung des Bundesverbands Managed Care Ende Januar in Berlin. Die Ärzte im MVZ können Angestellte sein, Freiberufler oder beide in Kombination miteinander. Als Rechtsform sind alle Möglichkeiten denkbar, zum Beispiel juristische Personen öffentlichen oder privaten Rechts oder Personengesellschaften wie die GbR oder Partnerschaftsgesellschaft. Alle zugelassenen Leistungserbringer sind berechtigt, ein MVZ zu gründen, nicht dagegen Dritte wie Krankenkassen, Verbände oder Arzneimittel-Hersteller. Zugelassen wird nicht der einzelne darin tätige Arzt, sondern das Zentrum als Ganzes mit einer Abrechnungsnummer. Die angestellten Ärzte benötigen eine Genehmigung durch den Zulassungsausschuss und werden Mitglied der KV. Im Prinzip ist die Zulassung nur bedarfsabhängig möglich, doch können MVZ auch in überversorgten Regionen errichtet werden, wenn bereits zugelassene Vertragsärzte ihre Zulassung in das MVZ einbringen und dort als Angestellte weiter arbeiten.

Für das Bundesgesundheitsministerium ist das MVZ einer der wesentlichen Bausteine der Gesundheitsreform, aus denen sich weitere Formen entwickeln können, vor allem die integrierte Versorgung nach § 140 SGB V. Die bestehenden rechtlichen, administrativen und finanziellen Hürden hat der Gesetzgeber nun beseitigt. Kassenärztliche Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung sind hierbei nicht mehr beteiligt; die integrierte Versorgung beruht auf dem Einzelvertragssystem. Vertragspartner der Krankenkassen sind zugelassene Leistungserbringer, also auch ein MVZ, oder Management-Gesellschaften oder Pharma-Hersteller. Inhalt der Verträge soll eine interdisziplinäre Versorgung sein. Der Gestaltungsspielraum der Vertragspartner ist groß: Weder gilt das einengende Leistungserbringerrecht der GKV - noch bis Ende 2006 - der Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Zur Anschubfinanzierung behält jede Krankenkasse zwischen 2004 und 2006 bis zu 1 % von der Gesamtvergütung und von den Krankenhaus-Rechnungen für stationäre Versorgung ein. Die abgeschöpften Mittel sollen in den Regionen eingesetzt werden, wo sie abgezogen werden.

Klaus Schmidt

Planegg

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