Viszeralchirurgie 2004; 39(5): 387-392
DOI: 10.1055/s-2004-820392
Der akademische Vortrag

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Fast-Track-Rehabilitation - der schnelle Weg in chirurgischen Disziplinen. Ein multimodales Therapiekonzept

Fast-Track-Rehabilitation Surgery - A Multimodal Approach in Perioperative TherapyT. Junghans1
  • 1Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral- Gefäß-, und Thoraxchirurgie, Charité-Universitätsmedizin Berlin
Further Information

Publication History

Publication Date:
29 September 2004 (online)

Spectabilis, verehrte Lehrer, liebe Studentinnen und Studenten, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Familie und Freunde,

Fast-Track-Rehabilitation ist nicht nur ein Weg. Sie ist in ein umfassendes Konzept eingebettet. Das vorzustellende Konzept hat natürlich ein Ziel. Das Ziel liegt eben nicht in der Schnelligkeit der chirurgischen Therapie. Ich möchte Ihnen nicht raten, mit scharfer Klinge schnell zu schneiden und mit heißer Nadel zackig zu nähen. Ziel ist es vielmehr, die Anzahl der perioperativen allgemeinen Komplikationen zu minimieren. Sie mögen nun zu Recht fragen, was denn Neues daran ist, die Komplikationszahlen minimieren zu wollen. Hat man das nicht schon immer getan? Neu daran ist, dass die perioperative Therapie multimodal ist, und dass die konsequente Umsetzung tatsächlich in Dänemark dazu geführt hat, dass die allgemeinen Komplikationszahlen drastisch reduziert werden konnten. Das Konzept der multimodalen Therapie umfasst die systematische Umsetzung gesicherten Wissens aus verschiedenen Disziplinen. Dazu zählt nicht nur die Chirurgie, sondern auch die Pathophysiologie, die Physiotherapie, die Anästhesie und Schmerzmedizin und die Pharmakologie. Diese Entwicklung geht zurück auf Herrn Professor Dr.Â’Henrik Kehlet aus dem Hvidovre Hospital in Kopenhagen, Dänemark [3]. Professor Kehlet ist Chirurg und befasst sich seit mehr als 20 Jahren mit der Entwicklung dieses multimodalen Therapieansatzes. Er hat es äußerst kreativ verstanden, durch aktive wissenschaftliche Tätigkeit und umfassende Literaturanalysen Wissen zusammenzutragen und systematisch zu bündeln, das geeignet ist, nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin dem Ziel der Minimierung der perioperativen Komplikationen ein erhebliches Stück näher zu kommen. Seine Konzepte haben uns bewogen, die multimodale Therapie auch in unserer Klinik zunächst bei Patienten mit Erkrankungen des Kolon zu etablieren. Während in Deutschland Patienten nach konventionellen Kolonresektionen im Mittel 17 Tage im Krankenhaus verbleiben und zu 27 % allgemeine Komplikationen erleiden [7], konnte Professor Kehlet Patienten nach konventionellen Sigmaresektionen bereits nach 2 Tagen bei minimalen allgemeinen Komplikationen nach Hause entlassen [4]. Hier liegt meines Erachtens der entscheidende Unterschied. Nicht die schnelle Entlassung ist das angestrebte Ziel, sondern die Minimierung der perioperativen Komplikationen. Patienten mit komplikationslosem Verlauf bei relativem Wohlbefinden wollen schon von sich aus früher entlassen werden. Und vor allem hieran müssen wir arbeiten, nämlich das Wohlbefinden des Patienten in jeder Phase seiner chirurgischen Behandlung zu steigern.

Dazu dient der multimodale Therapieansatz. Die multimodale perioperative Therapie ruht auf mehreren Säulen (Abb. [1]). Dazu gehören die Optimierung der Schmerztherapie, die Reduktion der perioperativen Stressreaktion, die frühe enterale Ernährung, die forcierte postoperative Mobilisation, das optimierte perioperative Flüssigkeitsmanagement und die Reduktion des Operationstraumas durch geeignete chirurgische Maßnahmen. Wir wollen uns im Folgenden diesen einzelnen Säulen zuwenden. Als Beispiel sollen uns Patienten mit Kolonresektionen dienen.

Abb. 1 Die Säulen der multimodalen perioperativen Therapie.

Literatur

  • 1 Grantcharov T P, Rosenberg J. Vertical compared with transverse incisions in abdominal surgery.  Eur J Surg. 2001;  167 260-267
  • 2 Holte K A, Kehlet H. Effect of postoperative epidural analgesia on surgical outcome.  Minerva Anestesiol. 2002;  68 157-161
  • 3 Kehlet H, Wilmore D W. Multimodal approach to control postoperative pathophysiology and rehabilitation.  Br J Anaesth. 1997;  78 606-617
  • 4 Kehlet H, Mogensen T. Hospital stay of 2 days after open sigmoidectomy with a multimodal rehabilitation programme.  Br J Surg. 1999;  86 227-230
  • 5 Lewis S J, Egger M, Sylvester P A, Thomas S. Early enteral feeding versus “nil by mouth” after gastrointestinal surgery: systematic review and meta-analysis of controlled trials.  BMJ. 2001;  323 773-776
  • 6 Mangando D T, Layug E L, Wallace A. Effect of atenolol on mortality and cardiovascular morbity after non-cardiac surgery.  N Engl J Med. 1996;  335 1713-1720
  • 7 Marusch F, Gastinger I, Schneider C, Scheidbach H, Konradt J, Bruch H P. et al . Laparoscopic Colorectal Surgery Study Group (LCSSG). Experience as a factor influencing the indications for laparoscopic colorectal surgery and the results.  Surg Endosc. 2001;  15 116-120
  • 8 Marusch F, Koch A, Schmidt U, Zippel R, Kuhn S, Simonis E. et al . Studiengruppe ,Kolon/Rektum Karzinome (Primartumor)’. Welche Faktoren beeinflussen die postoperative Letalität beim kolorektalen Karzinom?.  Zentralbl Chir. 2002;  127 614-621
  • 9 Miedema B W, Johnson J O. Methods for decreasing postoperative gut dysmotility.  Lancet Oncol. 2003;  4 365-372
  • 10 Neugebauer E, Hempel K, Sauerland S, Lempa M, Koch G. The status of perioperative pain therapy in Germany. Results of a representative, anonymous survey of 1,000 surgical clinic. Pain Study Group.  Chirurg. 1998;  69 461-466
  • 11 Neugebauer E, Sauerland S, Keck V, Simanski C, Witte J. Leitlinien Akutschmerztherapie und ihre Umsetzung in der Chirurgie - Eine deutschlandweite Kliniksumfrage.  Chirurg. 2003;  74 235-238
  • 12 Ordemann J, Jacobi C A, Schwenk W, Stosslein R, Muller J M. Cellular and humoral inflammatory response after laparoscopic and conventional colorectal resections.  Surg Endosc. 2001;  15 600-608
  • 13 Rodgers A, Walker N, Schug S, McKee A, Kehlet H, van Zundert A. et al . Reduction of postoperative mortality and morbidity with epidural or spinal anaesthesia: results from overview of randomised trials.  BMJ. 2000;  321 1493
  • 14 Schwenk W, Raue W, Haase O, Junghans T, Muller J M. “Fast-track” colonic surgery-first experience with a clinical procedure for accelerating postoperative recovery.  Chirurg. 2004;  [Epub ahead of print]
  • 15 Sessler D I. Mild perioperative hypothermia.  N Engl J Med. 1997;  336 1730-1737

Priv. Doz. Dr. med. T. Junghans

Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Mitte, Universitätsklinik für Allgemein-, Viszeral- Gefäß-, und Thoraxchirurgie

Schumannstraße 20/21

10117 Berlin

Phone: 00 49-30-4 50-52 22 14

Email: tido.junghans@charite.de

    >