DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2004; 2(02): 40
DOI: 10.1055/s-2004-818854
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Die Entwicklung und osteopathische Behandlung von Kindern

Birgit Beinborn
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Publication Date:
01 July 2004 (online)

Die Entwicklung vom Säugling hin zum Schulkind ist ein sehr komplizierter Vorgang, bei dem die Kinder stark gefordert sind. Wachsen und Entwickeln passiert nicht von alleine und kontinuierlich. So erlebt das Kind während der ersten zwei Lebensjahre allein auf geistiger Ebene zehn Entwicklungssprünge. Dabei verändert sich jedes Mal die Wahrnehmung von seiner kleinen Welt dermaßen, dass es diese nicht mehr versteht und deshalb anhänglicher wird. Jede Mutter kennt diese Phasen und spürt, dass das Kind sie jetzt mehr braucht. Erst wenn das Kind sich mit der neuen Sichtweise zurechtgefunden hat, kann es wieder auf "Entdeckungsreise" gehen.

Über das Erkunden, Befühlen und Entdecken von Neuem differenzieren sich im Körper die Strukturen weiter aus und werden funktionsfähiger. So hat ein Säugling z.B. relativ wenig Muskelkraft. Erst über die immer wiederkehrende Benutzung der Muskeln werden diese kräftiger und koordinierter. Ihr Kind befindet sich also meist nur kurze Zeit in einem körperlichen und geistigen Gleichgewicht, bevor es wieder eine instabile Phase durchlebt. Auch beim größeren Kind gibt es diese Entwicklungssprünge, während denen es unausgeglichener ist als sonst. Das kann sich z.B. in Schlaflosigkeit, Aggressivität oder Ängstlichkeit äußern. Natürlich sind Verlauf und Reaktion auf solche Entwicklungsschübe individuell unterschiedlich ausgeprägt.

Tipps:

  • Unterstützen Sie Ihr Kind während dieser sensiblen Phasen. Wenn Sie ihm Schutz geben und es verstehen, wird es selbstbewusster und stabiler daraus hervorgehen.

  • Nach jedem Entwicklungsschub wird Ihr Kind auch seine spielerischen, geistigen Interessen ändern. Es wird Ihnen von sich aus zeigen, was es lernen/machen möchte. Unterstützen Sie es dabei. Das Lernen aus der eigenen Motivation heraus ist die sinnvollste Art des Lernens.

  • Beobachten Sie gut, ob und welche Entwicklungsschritte bei Ihrem Kind stattfinden. Bleiben diese aus oder bleibt Ihr Kind in seiner Entwicklung stehen, so könnte eine osteopathische Behandlung helfen.


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Wann benötigt Ihr Kind eine osteopathische Behandlung?

Bei folgenden Situationen ist es sinnvoll, einen Osteopathen aufzusuchen:

  • wenn bestimmte Entwicklungsschritte ausbleiben, sich deutlich verzögern oder Sie einfach fühlen, dass sich Ihr Kind nicht in seiner "Mitte" befindet

  • wenn Sie feststellen, dass Ihr Kind immer wieder "Knoten" beim Sprechen und Denken aufweist, Gedanken nicht zu Ende erzählen kann, über längere Zeiträume aggressiv, unruhig, weinerlich, unkonzentriert oder einfach anstrengend ist

  • wenn Ihr Kind ständig krank ist, immer wieder Entzündungen im Körper stecken, oder wenn Ihr Kind über wiederkehrende Schmerzen (z.B. Bauchschmerzen) klagt.


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Was passiert bei der Behandlung?

Der Osteopath untersucht und behandelt ausschließlich mit den Händen. Er wird zunächst Vertrauen zu Ihrem Kind aufbauen, so dass die Behandlung entspannt stattfinden kann. Das ist nicht immer einfach, aber das Kind spürt meistens mit der Zeit, dass ihm die Behandlung gut tut und nichts "Schlimmes" passiert.

Der Osteopath sucht mit seinen Händen Spannungen im Körper Ihres Kindes, die oft auf die Geburt oder andere Traumata zurückzuführen sind. Es können aber auch Unverträglichkeiten oder Allergien sein, die vermehrte Spannungen im Körper Ihres Kindes verursachen. Auch abgelaufene Infekte hinterlassen Verklebungen im Gewebe, die die Mobilität und damit den Stoffwechsel des Gewebes stören.

Löst der Osteopath mit seinen Händen die Spannungen im Gewebe, so kann diese Struktur von nun an leichter durchblutet werden und der Stoffwechsel mit weniger Energieaufwand stattfinden. Das bedeutet, dass Ihr Kind nun Energie "übrig" hat, die es für das Erreichen einer neuen Anpassung auf höherem Niveau einsetzt.


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Was kann nach der Behandlung passieren?

Ihr Kind sucht unbewusst auf einem höheren Niveau nach einem neuen Gleichgewicht. Das passiert über die natürlichen Selbstheilungskräfte, die jedem Menschen innewohnen. Jedes Kind reagiert dabei entsprechend seinem Charakter, seinen körperlichen und geistigen Möglichkeiten.

Es kann sein, dass Ihr Kind nach der Behandlung einen Entwicklungssprung macht, auf den Sie vielleicht schon lange gewartet haben. Es kommt auch häufig vor, dass Kinder nach der Behandlung viel und lange schlafen, wie bei einer Genesung nach einer schweren Grippe.

Sie kennen normalerweise all diese Reaktionen an Ihrem Kind, da Sie sie bereits mit ihm erlebt haben. Falls Sie sich Gedanken machen, ob die stattfindende Reaktion "normal" ist, sprechen Sie mit dem behandelnden Osteopathen darüber. Das vermeidet unnötige Sorgen.


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