DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2004; 2(02): 8
DOI: 10.1055/s-2004-818840-2
Science
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Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co.KG Stuttgart

Kommentar

Florian Schwerla
Römerschanzweg 5, 82131 Gauting
,
Karl-Ludwig Resch
Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft, Lindenstr. 5, 08645 Bad Elster
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Publication Date:
09 June 2004 (online)

Kommentar

Für den Osteopathen nichts Außergewöhnliches: ein klinisches Phänomen, das in der Praxis auftritt und das schulmedizinisch als Gesamtproblematik kaum wahrgenommen wird. So versuchen sich dann verschiedene Fachdisziplinen an einzelnen Symptomen, die zufällig in die Zuständigkeit des jeweiligen Ressorts fallen.

Zahnärzte, Kinderärzte und HNO-ÄÄrzte sehen häufig nicht den Zusammenhang zwischen persistierendem infantilen Schlucken und den Folgeerkrankungen, vielfach ist ihnen der Begriff "infantiles Schlucken" nicht geläufig. Auf der anderen Seite gehen die Kinder wegen eines offenen Bisses, Dauerschnupfen oder Lispeln zum Arzt und nehmen die Schluckstörungen selbst überhaupt nicht wahr - im Gegensatz etwa zu Bauchschmerzen - und klagen daher auch nicht darüber.

Kein Wunder, dass sich deshalb über lange Zeit kaum etwas ändert, wenn nicht die eigentliche Ursache angegangen wird. Wie die Studie zeigt, sind es gar nicht so wenige Kinder, die sich über viele Jahre mit einem Relikt aus Säuglingstagen herumplagen müssen, dem infantilen Schlucken.

Wenn wie bei der vorliegenden Problematik erfahrene Osteopathen das Gefühl haben, sie könnten hier mit ihren Methoden wirklich etwas bewirken, ist das fast die ideale Konstellation, um durch eine gute wissenschaftliche Studie für die Osteopathie Terrain zu erobern. Auch deshalb, weil man nicht "allgemein übliche Erfolgskriterien" verwenden kann, wenn es die schlichtweg nicht gibt. Und wenn man mit einer einzigen Studie sowohl die Methoden testet als auch die Wirksamkeit misst, hat man das, was jeder Schüler einmal als klassisches unlösbares Problem kennen gelernt hat: eine Gleichung mit zwei Unbekannten.

Insofern war die Entscheidung der Autoren richtig, erst einmal im Rahmen einer Pilotstudie zu testen, ob und mit welchen Tests man Veränderungen bei verschiedenen Phänomenen, die mit dem infantilen Schlucken assoziiert sind, erfassen kann.

Dass gleichzeitig auch noch ein "Erfolg auf der ganzen Linie" beobachtet werden konnte, sollte Ansporn für künftige Untersuchungen sein, die Frage in einer größeren Studie neu aufzurollen. Die Abschlussarbeit liefert dazu eine Menge wichtiger, praktischer Anregungen, von Ein- und Ausschlusskriterien über die Patientenrekrutierung bis hin zur Dokumentation der Ergebnisse der osteopathischen Untersuchungen.