Zusammenfassung
Es wird über acht eigene Fälle einer seltenen kongenitalen Fehlbildung der oberen
Extremität berichtet, die in einer unilateralen muskulären Hyperplasie besteht. Zusätzlich
zur Hand können alle Abschnitte der oberen Extremität betroffen sein. Die Hyperplasie
tritt stets einseitig auf, bevorzugt rechts, und ist mit akzessorischer Muskulatur
verbunden. Eine hereditäre Häufung oder Kombination mit anderen Fehlbildungen tritt
nicht auf. Das männliche Geschlecht ist bevorzugt betroffen (sechs von acht Patienten).
Die Funktion von Schulter, Oberarm und Unterarm war bei allen Patienten unbeeinträchtigt.
Gehäuft fanden sich in unterschiedlicher Ausprägung ulnare Deviationen der Finger
in den Grundgelenken (sechs von acht Patienten), Beugekontrakturen der Grundgelenke
(sechs von acht Patienten) und Extensionskontrakturen der Handgelenke (drei von acht
Patienten). Eine Prominenz der Köpfe der zweiten und dritten Mittelhandknochen mit
erweitertem Abstand verlieh den betroffenen Händen ein charakteristisches Aussehen
(sechs von acht Patienten).
Bei sechs Patienten lagen Fehlstellungen und Funktionsstörungen vor, die operative
Behandlungen erforderten. Intraoperativ fand sich stets akzessorische Muskulatur,
die reseziert wurde. Makroskopisch und mikroskopisch unterschieden sich die Präparate
nicht von normaler Muskulatur.
Alle operierten Patienten benötigten zusätzliche funktionsverbessernde Eingriffe.
Trotzdem war in keinem Fall eine vollständige Beseitigung der Fehlstellungen oder
Funktionsstörungen möglich. Auch am optischen Erscheinungsbild der Extremitäten änderte
sich nur wenig.
Die beschriebene Fehlbildung lässt sich von anderen Fehlbildungen, wie einer Arthrogryposis
multiplex congenita, einem Freeman-Sheldon-Syndrom oder einer Makrodaktylie, eindeutig
abgrenzen. In der Literatur finden sich bisher nur zwei weitere Beschreibungen, die
die gleichen Charakteristika aufweisen wie die eigenen Fälle. Vier ähnliche Fälle
wurden von Benatar [[1]] beobachtet.
Pathomechanisch scheint ein gestörtes Muskelgleichgewicht die Fehlstellungen und Funktionseinschränkungen
zu verursachen. Diese Imbalanz kann einerseits auf akzessorischer Muskulatur beruhen,
der keine definierten Antagonisten gegenüberstehen, andererseits auf einer ungleichmäßigen
Hyperplasie normal angelegter Muskulatur.
Therapeutisch sollte frühzeitig eingegriffen werden, um Gelenkkontrakturen nicht entstehen
zu lassen. Schienenbehandlung und Handtherapie müssen einer operativen Therapie vorausgehen.
Die Operation sollte durch Resektion akzessorischer und hyperplastischer Muskulatur
das muskuläre Gleichgewicht wiederherstellen. Gegebenenfalls sind Muskeltranspositionen
oder Gelenklösungen vorzunehmen. Um die Resultate zu halten, sind postoperativ in
jedem Fall Schienenbehandlung und intensive Handtherapie indiziert.
Abstract
This is a report on eight cases of a rare congenital malformation in the upper extremity,
consisting of a unilateral muscular hyperplasia. In addition to the hand, all segments
of the upper extremity may be affected. The hyperplasia is always unilateral, preferably
on the right hand side, in combination with accessory muscles. Hereditary dependence
or association with other malformations has not been observed. Six of eight patients
were male.
Shoulder and arm function were normal in all cases. Ulnar drift of the fingers in
the metacarpophalangeal joints (six of eight patients), flexion contractures of the
metacarpophalangeal joints (six of eight patients) and extension contractures of the
wrist (three of eight patients) to various degrees were seen. A prominence of the
second and third metacarpal head with an enlarged space between them gave the affected
hands a very typical appearance (six of eight patients). Deformities and functional
limitations requiring surgical treatment were present in six patients. In all cases,
accessory muscles were found intraoperatively and resected. The macroscopic and microscopic
appearance of the muscle specimen did not differ from normal muscular tissue.
In all cases, additional procedures were necessary to improve the overall function.
Nevertheless, the reconstructive efforts did not lead to an entirely normal hand function
or appearance.
The malformation we describe can clearly be distinguished from other malformations
such as arthrogryposis multiplex congenita, Freeman-Sheldon syndrome or macrodactyly.
Up to now, only two other reports were found in the literature showing characteristics
similar to those in our own cases. Four similar cases were observed by Benatar [[1]].
From a pathomechanical point of view, a disturbance in the muscular balance seems
to cause the deformities and functional limitations. This imbalance could be related
to accessory muscles which are not opposed by defined antagonists or to an unbalanced
hyperplasia of normally developed musculature.
Surgical intervention should begin early to prevent joint stiffness. Splinting and
hand therapy should precede surgical intervention. Surgical treatment should aim to
restore the muscular balance by resection of accessory and hyperplastic musculature.
In some cases, muscle transpositions and joint releases may have to be performed.
Postoperative splinting and intensive hand therapy are mandatory to preserve the results.
Schlüsselwörter
Angeborene Handfehlbildung - unilateral - obere Extremität - Muskelhyperplasie
Key words
Congenital hand anomaly - unilateral - upper extremity - muscle hyperplasia