intensiv 2004; 12(6): 260-261
DOI: 10.1055/s-2004-813794
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Publication Date:
09 November 2004 (online)

Tschüss VIOXX®!

Der Arzneimittelhersteller MSD hat Ende September seine Präparate VIOXX® und VIOXX®DOLOR (Rofecoxib) freiwillig weltweit vom Markt genommen.

Die Rücknahme des Arthritis- und Akutschmerzmittels basiert auf der vom Konzern selbst initiierten APPRVOe-Studie (Adenomatous Polyp Prevention on VIOXX), mit der die Wirksamkeit von VIOXX® bei der Verhinderung von Kolonpolypen bei Patienten, die bereits Kolonadenoma hatten, untersucht werden sollte.

Bei der Multizenterstudie wurde ein erhöhtes relatives Risiko bestätigter kardiovaskulärer Ereignisse wie Myokardinfakrt und Apoplex ab dem 18. Monat der Behandlung von VIOXX® festgestellt.

„Wir treffen diese Entscheidung, weil wir glauben, dass diese am besten dem Interesse des Patienten entspricht”, sagt Raymond Gilmartin, Präsident und Chief Executive Officer von Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ, USA. „Obwohl wir der Meinung sind, dass es möglich wäre, VIOXX® auf dem Markt zu belassen [...], sind wir aufgrund der vorhandenen alternativen Therapiemöglichkeiten und der Fragen, die durch diese Daten aufgeworfen werden, zu dem Schluss gekommen, dass eine freiwillige Marktrücknahme der beste Schritt ist.”

VIOXX® kam erstmalig 1999 in den USA auf den Markt und wurde danach in über 80 Ländern zugelassen [msd.de].

Eine „Neue Welt der Bewegungsfreiheit” versprach MSD damals für Rofecoxib. Dieser erste „selektive” Cyclooxigenase-(COX-)2-Hemmer war in Deutschland, Österreich und der Schweiz zunächst ausschließlich zur symptomatischen Schmerzlinderung bei Arthrose zugelassen, in den USA auch bei akutem Schmerz und Dysmenorrhö.

Durch die präoperative Gabe von VIOXX®Dolor konnten bei gesenktem Opioidverbrauch postoperative Schmerzen wirksam reduziert und Übelkeit und Erbrechen nach der Operation verringert werden. Dies ergab eine doppelblinde, plazebokontrollierte Studie des Rush-Presbyterian-St. Luke’s Medical Center in Chicago.

Bereits 1999 sind dem Committee on Safety of Medicines (Großbritannien) innerhalb eines Jahres 1120 Berichte zu unerwünschten Wirkungen von Rofecoxib zugegangen.

Dies entspricht ohne Einberechnung einer Dunkelziffer einer Meldung pro 500 Verordnungen. Fünf Patienten sind infolge Magen-Darm-Schädigung und jeweils drei nach Herzversagen und Myokardinfarkt verstorben.

2000 wurde in der VIGOR-Studie (VIOXX gastrointestinal Outcomes Research) festgestellt, dass viermal so viele mit VIOXX behandelte Personen einen Herzinfarkt erlitten wie die mit PROXEN behandelte Gruppe.

2001 hat die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA den VIOXX-Hersteller gleich zweimal wegen „falscher, unausgewogener oder irreführender” Behauptungen abgemahnt:

„Herunterspielen potenzieller Risiken und unzureichende Angaben zum Sicherheitsprofil von VIOXX werfen signifikante Bedenken hinsichtlich ... der Sicherheit auf.” So werden beispielsweise potenzielle prothrombotische Risiken von Rofecoxib durch die Werbung verharmlost, indem die im Vergleich zu Naproxen (PROXEN u. a.) vierfach erhöhte Herzinfarktrate mit einer „kardioprotektiven” Wirksamkeit von Naproxen erklärt wird. Es gibt, so die FDA, keine adäquaten kontrollierten Studien mit Naproxen, die diese Erklärung begründen [arznei-telegramm.de].

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