intensiv 2004; 12(6): 262-270
DOI: 10.1055/s-2004-813390
Intensivpflege

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Enteraler Kostaufbau und Ernährung bei kritisch Kranken[*]

Udo Kleinschmidt
  • 1Medizinische Intensivstation Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
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Publication Date:
09 November 2004 (online)

Zusammenfassung

Enterale und pa­renterale Ernährungstechniken sind keine konkurrierenden Verfahren. So sind Langzeittherapien über Jahre hinweg und heute prinzipiell mit beiden Techniken möglich. Bei intakter intestinaler Motorik, Perfusion und Resorption ist die enterale Ernährung immer vorzuziehen. Bei zunehmender funktionaler (vor allem motorischer) Einschränkung des Gastrointestinaltrakts oder bei labilen Stoffwechselverhältnissen wird in der Praxis oft kombiniert ernährt und nur im Extremfall allein parenteral [1].

Anhand des vorzustellenden Schemas zur angepassten Ernährungstherapie an den Magen-Darm-Trakt und daraus resultierender Kontrollen (Monitoring), ist es möglich, den kritisch Kranken in der Regel (zumindest teilweise) innerhalb von 24 h enteral zu ernähren. Ein Magen-Darm-Trakt, der gar nicht erst zum Erliegen kommt, macht erheblich weniger Arbeit als ein atonischer Verdauungstrakt, da es er­heblich aufwändiger ist, die Peristaltik des Verdauungstrakts zu aktivieren als „am Laufen” zu halten.

Komplikationen bedingt durch längere Nüchternheit des Patienten können auf ein Minimum reduziert werden, die Vorteile der frühen enteralen Ernährung können somit voll zum Tragen kommen. Der anfängliche perso­nelle Mehraufwand kann im Verlauf mehr als eingespart werden. Auch wenn bisher der Nachweis fehlt, dass eine frühzeitig begonnene enterale Ernährung die Prognose des kritisch Kranken verbessert, ist es aber möglich, mit dem Kostaufbauschema viele, für den Patienten unangenehme Komplikationen (Infektionen, Diarrhöen ...) zu vermeiden; dies bedeutet erheblich weniger Stress für den Patienten.

Eine fehlende Definition des kritisch Kranken, verschiedenste Zusammensetzungen der Sondenkostarten und in der Regel nicht festgelegte Schemata zur Verabreichung der Sondenkost, d. h. unterschiedliche Applikationsformen und Durchführung, machen eine Beurteilung der frühen enteralen Ernährung sehr schwierig. Bei Letzterem könnte das vorgestellte Schema abhelfen. Trotzdem werden weitere Studien vonnöten sein, um die Ernährung des kritisch Kranken weiter zu optimieren.

1 Überarbeitete und erweiterte Fassung eines Vortrags, gehalten auf dem 14. Internationalen Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege in Bremen.

Literatur

  • 1 Lübke H J. Enterale Ernährung: wie - wann - womit?.  Intensiv- und Notfallbehandlung. 2000;  25 (1) 25-34
  • 2 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Enterale Ernährung: Intensivmedizin. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 073/004. Aktuel Ernaehr Med 2003; 28 (Supplement 1): 42-50. http://leitlinien.net. 
  • 3 Bischoff S C, Ockenga J, Manns M P. Künstliche Ernährung in der internistischen Intensivmedizin.  Internist. 2000;  41 1041-1061
  • 4 Felbinger T W, Goetz A E, Suchner U. Enterale Ernährung: Wunsch und Wirklichkeit, Intensiv- und Notfallbehandlung.  2000;  25 (2) 54
  • 5 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin. Enterale Ernährung: Grundlagen. AMWF-Leitlinien-Register Nr. 073/002. Aktuel Ernaehr Med 2003; 28 (Supplement 1): 26-35. http://leit­linien.net. 
  • 6 Anonymous . Consensus recommenda­tions from the U.S. summit on immuneenhancing enteral therapy.  Journal of Parenteral and Enteral Nutrition. 2001;  25 (Suppl.) 61-62
  • 7 Wendt C. Hygieneaspekte bei der enteralen Ernährung.  Krh-Hyg + Inf verh. 2003;  25 (Sonderheft) 39-41
  • 8 Kniehl E, Becker A, O’Malley J. Nosokomiale Infektionen durch inadäquat zubereiteten Tee.  Hyg Med. 2001;  26 (3)

1 Überarbeitete und erweiterte Fassung eines Vortrags, gehalten auf dem 14. Internationalen Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege in Bremen.

Udo Kleinschmidt

Medizinische Intensivstation Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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