Laryngorhinootologie 2003; 82 - 41
DOI: 10.1055/s-2003-818917

Das Klarzellchondrosarkom des Kehlkopfes – ein Fallbericht

M Kollert 1, O Basten 2, G Delling 2, U Bockmühl 1
  • 1Klinik für HNO-Krankheiten, Kopf-, Hals- und Plastische Gesichtschirurgie und Kommunikationsstörungen, Klinikum Fulda, Fulda
  • 2Institut für Pathologie, Klinikum Fulda, Fulda

Einleitung:

Das Klarzellchondrosarkom ist ein seltener, niedrig maligner Weichgewebs-tumor, der etwa 2% aller Chondrosarkome ausmacht. Es wurde 1976 von Unni et al. (1) als eigenständige Tumorentität beschrieben. Es tritt überwiegend an der Epiphyse langer Röhrenknochen auf. Histologisch kann es leicht mit dem höher malignen Chondrosarkom oder dem hoch malignen Osteosarkom verwechselt werden. In der Weltliteratur sind unseres Wissens nach bisher nur 3 Fälle von Klarzellchondrosarkomen des Larynx beschrieben. Eine weitere Kasuistik möchten wir hinzufügen.

Fallbericht:

Ein 46-jähriger Patient litt seit einem halben Jahr unter langsam zunehmender Dyspnoe mit leichtem inspiratorischem Stridor. Unmittelbar subglottisch ließ sich endoskopisch eine Stenose unter reizloser Schleimhaut nachweisen, die das Lumen um etwa 2/3 einengte. Da der Patient in der Vorgeschichte weder ein Trauma, noch eine Intubationsnarkose angab, wurde unter der vorläufigen Diagnose einer zirkulären Ringknorpel- bzw. Trachealstenose unklarer Genese tracheoskopisch eine oberflächliche Probe entnommen, die reguläre Mukosaanteile zeigte. Bei dem Versuch, die Stenose über eine Ringknorpelspaltung von außen abzutragen, fiel ein dorsal betonter tumoröser Umbau des gesamten Ringknorpels auf. Nach ausgedehnter Probeentnahme wurde histologisch mithilfe des Knochentumorregisters in Hamburg die Diagnose eines Klarzellchondrosarkoms des Ringknorpels gestellt. Da der Tumor zirkulär nahezu den gesamten Ringknorpel infiltrierte und auch das untere Drittel des Schildknorpels bis in Höhe der Stimmlippen befallen war, musste der relativ junge Patient laryngektomiert werden.

Histologisch sah man einen matrixbildenden Tumor, der sich in angedeutet lobulären Formationen zwischen Schleimhaut und hyalinem Knorpel ausbreitete. Das mikroskopische Bild des Tumors war heterogen. Neben, für die Diagnose eines Klarzellchondro-sarkoms wegweisenden, Arealen atypischer Chondroblasten in klarzelliger Differenzierung sah man auch Bereiche, die zahlreiche kleine Knochentrabekel zwischen den Chondroblasten ausbildeten. Mittels der S-100 Positivität gelang es, den Tumor von einer Metastase eines hellzelligen Nierenkarzinoms zu differenzieren.

Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Der Patient ist jetzt 6 Monate nach dem Eingriff rezidivfrei.

Schlussfolgerungen:

Das Klarzellchondrosarkom gehört in die Gruppe der niedrig malignen Weichgewebstumoren (2). Es ist ganz überwiegend an der Epiphyse der langen Röhrenknochen gelegen. Bisher wurden in der Literatur etwa 150 Fälle beschrieben. Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Resektion en bloc. Eine Bestrahlung oder Chemotherapie wird nicht empfohlen. Die Rezidivrate liegt dann bei etwa 16% (3). Ein Auftreten des Klarzellchondrosarkoms im Bereich des Kehlkopfes ist unseres Wissens nach erst in 3 Fällen (4,5,6) beschrieben. Von einer Metastasenbildung wurde in diesen 3 Fällen nicht berichtet. Jedoch zeigte ein Patient einen protrahierten klinischen Verlauf über 22 Jahre, in denen es immer wieder zu Rezidiven kam. Daher muss auch im Bereich des Kehlkopfes die Forderung nach einer in sano Resektion en bloc gestellt werden. Eine einfache Küretage reicht nicht aus.

Die histologische Diagnose des Klarzellchondrosarkoms ist aufgrund seines heterogenen Erscheinungsbildes schwierig. Neben den großen Tumorzellen mit deutlichen Zellgrenzen und hellem Zytoplasma, die wegweisend für die Diagnose sind, finden sich Areale innerhalb des Tumors, die einem Chondrosarkom ähneln. Das Klarzellchondrosarkom kann zudem trabekuläre Osteoidformationen aufweisen, wodurch es zu Verwechslungen mit dem chondroblastischen Osteosarkom kommen kann. Daher sind Fehldiagnosen bei Biopsien häufig (7). Das hochmaligne Osteosarkome bildet oft Lungenmetastasen. Daher besteht die Behandlung in einer chirurgischen Entfernung mit anschließender Polychemotherapie, was für den Patienten eine deutlich höhere Belastung bedeutet.

Daher scheint es uns wichtig, auch im HNO-Bereich das sehr seltene Klarzellchondrosarkom im Hinterkopf zu behalten, um im Zweifelsfall die Referenzhistologie eines Knochentumorregisters einzuholen, und so eventuell ein overtreatment des Patienten zu verhindern.

Literatur:

Unni KK, Dahlin DC, Beabout JW, Sim FH. Chondrosarkoma: clear-cell variant. A report of sixteen cases. J. Bone Joint Surg [Am] 1976; 58: 676–683.

Present D, Bacchini P, Pignatti G, Picci P, Bertoni F, Campanacci M. Clear cell chondrosarcoma of bone. A report of 8 cases. Skeletal Radiol 1991; 20: 187–91.

Taconis WK. Clear cell chondrosarcoma: report of three cases and review of the literature. Diagn Imag Clin Med 1986; 55: 219.

Kleist B, Poetsch M, Lang C, Bankau A, Lorenz G, Suess-Fridrich K, Jundt G, Wolf E. Clear call chondrosarcoma of the larynx: a case report of a rare histologic variant in an uncommon lacalization. Am J Surg Path 2002; 26(3): 386–92.

Obenauer S, Kunze E, Fischer U et al. Unusual chondrosarcoma of the larynx: CT findings. Eur Radiol 1999; 9: 1625–8.

Said S, Civantos F, Whiteman M, Young J. Clear cell chondrosarcoma of the larynx. Otolaryngol Head Neck Surg 2001; 125(1): 107–8.

Engels C, Werner M, Delling G. Das Klarzellchondrosarkom. Pathologie 2000; 21: 449–55.