Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 156
DOI: 10.1055/s-2003-816559

Zeitlicher Verlauf der Hirnaktivierung während Präparation und Ausführung selbstinitiierter Fingerbewegungen: Eine ereigniskorrelierte fMRT-Studie

H Wiese 1, P Stude 1, K Nebel 1, A de Greiff 1, M Forsting 1, HC Diener 1, M Keidel 1
  • 1Essen, Bayreuth

Aus EEG-Studien zum Bereitschaftspotenzial ist bekannt, dass die kortikale Präparation einer Fingerbewegung z.T. mehr als zwei Sekunden vor der Bewegungsausführung beginnt. Da das Oberflächen-EEG nur beschränkt Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden kortikalen und insbesondere subkortikalen Strukturen zulässt, war es Ziel dieser Studie, differenzielle Aktivierungsmuster während der Präparation und Ausführung selbstinitiierter Fingerbewegungen mithilfe eines ereigniskorrelierten fMRT-Designs nachzuweisen. Von 18 gesunden Probanden wurden in der Datenakquisitionsphase 500 T2*-gewichtete Bilder aufgenommen (EPI, TR=1800 ms, TE=45 ms, 20 Schichten, Schichtdicke=3,3mm, Matrix=64×64). Die Probanden führten selbstinitiierte Abduktionen des rechten Zeigefingers mit Abständen von mindestens 15 Sekunden durch. Zur Auswertung wurde SPM99 verwendet. Die hämodynamische Antwort wurde für jeden Probanden zu 36 Zeitpunkten von –2700 bis +3600 ms relativ zum Bewegungsbeginn modelliert (dt=180 ms). Die Gruppenauswertung erfolgte als random effects-Analyse. Bereits mit einer um 2700 ms vorgezogenen Modellfunktion konnte eine signifikante Aktivierung des linken supplementär-motorischen Kortex festgestellt werden. Ab -2160 ms wurde eine signifikante Aktivierung des linken lateralen prämotorischen Kortex beobachtet, gefolgt von der Aktivierung des linken primär motorischen Kortex sowie des linken Putamens (-1800 ms). Im weiteren Verlauf aktivierte ein Netzwerk aus bilateralen sensorischen Arealen, bilateralem supplementär-motorischen Kortex, dem anterioren G. cinguli, dem inferioren Parietallappen und der Insula beider Hemisphären sowie des Thalamus. Während die hämodynamische Antwort (bzw. deren Korrelation mit der Modellfunktion) im supplementär-motorischen und im prämotorischen Kortex ihr Maximum vor Bewegungsbeginn (–1440 bzw. –720 ms) erreichte, wurde im primär motorischen Kortex eine maximale Antwort zu oder kurz nach Bewegungsbeginn beobachtet (0 bzw. +360 ms). Nach Bewegungsbeginn stellte sich ein Absinken der hämodynamischen Antwort in den beschriebenen Strukturen dar. Zum letzten Modellzeitpunkt (+3600 ms) konnte lediglich eine signifikante Aktivierung des linken primär sensorischen Areals festgestellt werden. Die Ergebnisse zeigen die Möglichkeit der Darstellung eines zeitlichen Verlaufs von willkürbewegungsbezogenen zerebralen Aktivierungsmustern mithilfe eines ereigniskorrelierten fMRT-Designs auf. Ferner wird die Bedeutung sowohl prä- als auch supplementär-motorischer Areale für die Präparation von Willkürbewegungen bestätigt.