Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 154
DOI: 10.1055/s-2003-816557

Muskelatonie im NREM-Schlaf bei Narkoleptikern und normalen Kontrollen

E Werth 1, C Hurni 1, MH Vu 1, C Bassetti 1
  • 1Zürich, Bern

Kataplexie, Schlafparalyse und Einschlaf/Aufwach-Halluzinationen bei Narkolepsie sind Ausdruck dissoziierter REM-Schlaf-Phänomene. Pathophysologisch werden die dissoziierten REM-Schlafsymptome und der Slep onset-REM als erhöhter REM-Druck erklärt. Nielsen postulierte kürzlich, dass auch bei Gesunden versteckte REM-Schlaf-Prozesse im NREM-Schlaf („covert REM sleep“) ablaufen. Werth und Mitarb. folgten dieser Hypothese und beschrieben, dass Muskelatonie im NREM-Schlaf ein physiologisches REM-Äquivalent darstellen könnte. In der vorliegenden Studie wurde die Muskelatonie im NREM-Schlaf bei Narkolepsie-Patienten und gesunden Kontrollen analysiert. Die submentale EMG-Aktivität von 6 Narkolepsie-Patienten mit Kataplexie (Alter 29±3,7 Jahre) wurde mit 6 normalen Kontrollen (C: 28±2,6 Jahre) verglichen. Das Studiendesign der selektiven REM-Schlafentzugsstudie umfasste eine Angewöhnungsnacht, eine Baseline-Nacht, zwei Nächte mit selektivem REM-Schlaf-Entzug und eine Erholungsnacht. Die Nächte wurden polysomnographisch abgeleitet. In der Baseline- und der Erholungsnacht wurden Episoden von Muskelatonien im NREM-Schlaf mittels individuellen Schwellenwertes ermittelt, basierend auf dem 90. Perzentil der EMG-Varianz im REM-Schlaf. Die Dauer der Muskelatonien im NREM-Schlaf und die Atonie-Latenz (die Dauer bis zum ersten Auftauchen einer Atonie nach Schlafbeginn) wurden ermittelt. Alle Probanden zeigten Muskelatonien im NREM-Schlaf. Baseline: Alle Narkolepsie-Patienten mit Kataplexie hatten eine Atonie-Latenz von <15min, dagegen alle normalen Kontrollen eine von >15min. Die Dauer der Muskelatonien im NREM-Schlaf unterschied sich nicht zwischen den zwei Gruppen. Erholungsschlaf: nach dem REM-Schlafentzug zeigten alle Narkolepsie-Patienten und 2 von 6 Kontrollen eine Atonie-Latenz von <15min. Im Vergleich zur Baseline erhöhte sich die Dauer der Muskelatonien im NREM-Schlaf bei den Kontrollen, eine Erniedrigung wurde bei den Narkolepsie-Patienten gefunden. Zusammenfassend könnte der Anstieg von Muskelatonien im NREM-Schlaf bei Kontrollen Ausdruck eines erhöhten REM-Drucks sein. Dies konnte in der Patientengruppe nicht gezeigt werden. Diese Daten sprechen für die Möglichkeit, dass die dissoziierten REM-Phänomene bei Narkolepsie nicht (oder nicht nur) durch einen erhöhten REM-Druck zustande kommen.