Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 146
DOI: 10.1055/s-2003-816549

Die Permutationsentropie: Eine neue Methode der nicht-linearen EEG-Analyse im Kindesalter

N Utzig 1, C Burtzlaff 1, K Wittfeld 1, K Keller 1, C Bandt 1, H Lauffer 1
  • 1Greifswald

Gegenstand unserer Untersuchungen ist die Anwendung neuer Methoden der nichtlinearen Zeitreihenanalyse für die Analyse von Elektroenzephalographien im Kindes- und Jugendalter. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Vorhersagbarkeit von Anfällen, Fokuslokalisation, Therapiebeurteilung und prognostische Aussagen vor Beendigung einer antikonvulsiven Behandlung. Das von uns entwickelte Verfahren transformiert die Zeitreihe des digitalisierten EEG in eine symbolische Zeitreihe durch Berechnung der Häufigkeiten von Permutationen (Symbolen) von 4 jeweils benachbarten Werten. Diese werden jeweils in einem Zeitintervall fixierter Länge (2 Sekunden) ermittelt, welches entlang der Zeitreihe verschoben wird. Die Entropien der Häufigkeiten werden schließlich kanalweise berechnet und graphisch dargestellt. Die Verarbeitung der Daten kann in kurzer Zeit erfolgen und erscheint relativ artefaktunabhängig. Um eine Anwendbarkeit dieses Verfahrens zu prüfen, untersuchten wir die EEG-Daten von Patienten mit fokalen und generalisierten Anfallsleiden. Bei den untersuchten Patienten lassen sich Veränderungen in der Signalkomplexität des iktualen bzw. interiktualen EEG-Verlaufes ausmachen. Kinder mit einer Rolando-Epilepsie zeigen sowohl vor wie auch kurz nach antikonvulsiver Einstellung im Bereich des Rolando-Fokus eine Entropieminderung unabhängig vom Auftreten hypersynchroner Aktivität. Diese könnte auf eine Funktionsstörung im betroffenen Areal hinweisen. Nach mehrmonatiger Behandlung sind diese Seitendifferenzen rückläufig. Bei generalisierten Epilepsien lassen sich am Beispiel der Absencen im Anfall bzw. bei Hyperventilation vor dem Anfall Entropieveränderungen feststellen. Im Gegensatz zu vielen anderen Methoden der nichtlinearen Zeitreihenanalyse bietet unsere Methode der Permutationsentropie eine schnelle Berechenbarkeit und gestattet die Bearbeitung auch längerer EEG-Registrierungen. Sie ermöglicht einen umfassenden Überblick und zeigt Langzeitveränderungen und Periodizitäten auf. Möglicherweise lassen sich durch die vorgestellte Methode auch funktionelle und prognostische Aussagen treffen. Dazu sind weitere Untersuchungen geplant.