Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 137
DOI: 10.1055/s-2003-816540

Ist die zeitliche Bewegungskoordination beim Morbus Parkinson beeinträchtigt?

J Spiegel 1, I Uhrig 1, G Fuß 1, C Krick 1, U Dillmann 1
  • 1Homburg/Saar

Die Bradydiadochokinese stellt ein Kardinalsymptom beim Morbus Parkinson dar. Dabei ist unklar, worauf das Phänomen der Bradydiadochokinese beruht. Wir untersuchten mittels Potentiometrie die Durchführung alternierender Unterarmbewegungen bei Parkinson-Patienten. Eingeschlossen wurden 15 Patienten (Alter: 39–84 Jahre, Median: 65 Jahre) mit akinetisch-rigidem Morbus Parkinson. Als Normalkollektiv dienten 15 altersgematchte gesunde Probanden (Alter: 37–73 Jahre, Median: 59 Jahre). Der Patient beziehungsweise Proband saßen aufrecht in einem Stuhl. Der rechtwinklig abduzierte rechte Arm ruhte auf einer Metallschiene mit einem fixierten Teil für den Oberarm und einem beweglichen Teil für den Unterarm. Diese Vorrichtung erlaubte horizontale Bewegungen im Ellbogengelenk. Die Teilnehmer mussten – einem rhythmischen akustischen Signal folgend – rhythmische alternierende Beuge- und Streckbewegungen im Ellbogengelenk durchführen. Die akustisch angebotenen Frequenzen betrugen 0,9Hz, 1,5Hz und 2,5Hz. Dabei waren zwei Bewegungsradien mit 48° und 83° durch Markierungen an der Metallschiene vorgegeben. Hieraus resultierten 6 verschiedene Untersuchungsbedingungen (2 Bewegungsradien à 3 Frequenzen). Mittels Potentiometer wurden die Unterarmbewegungen quantifiziert. Ausgewertet wurden die räumliche und zeitliche Bewegungsgenauigkeit (=Übereinstimmung mit vorgegebener Frequenz und Bewegungsradius). Die Patienten führten alle 6 Bedingungen langsamer aus als die Gesunden, wobei dieser Unterschied unter keiner Bedingung signifikant war. Unter den höheren Frequenzvorgaben (48° à 2,5Hz, 83° à 1,5Hz, 83° à 2,5Hz) schwankte die Dauer der Einzelbewegungen bei den Parkinsonpatienten signifikant (p<0,05) stärker als bei den Gesunden, d.h. die Patienten bewältigten zwar die vorgegebenen Frequenzen, führten die rhythmischen Bewegungen aber weniger gleichmäßig aus als die Gesunden. Hinsichtlich der räumlichen Bewegungsgenauigkeit unterschieden sich Patienten und Gesunde nicht. Keiner der hier vorgestellten Parameter korrelierte mit dem motorischen Teil der Unified Parkinsons Disease Rating Scale. Die Ergebnisse lassen eine beeinträchtigte zeitliche Bewegungskoordination beim Morbus Parkinson vermuten. Diese Störung der zeitlichen Bewegungskoordination ist offensichtlich unabhängig von den motorischen Symptomen Rigor und Akinese.