Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 134
DOI: 10.1055/s-2003-816537

Interne und externe Schrittmacher im Parkinson-Gang: Nucl. subthalamicus-Stimulation und visueller Einfluss

M Schubert 1, M Faist 1, J Xie 1, W Berger 1, T Prokop 1, P Pollak 1, CH Lücking 1
  • 1Freiburg, Grenoble

Patienten mit Morbus Parkinson sind in der Bewegungskontrolle in besonderem Maß auf visuelle Information angewiesen. Diese frühe klinische Beobachtung wurde in experimentellen Untersuchungen bestätigt. Im klinischen Alltag finden sich vielfältige Beispiele für die besondere Bedeutung des Sehens bei Morbus Parkinson; so kann eine Markierung auf dem Untergrund sowohl Starthilfe als auch Schwelle und unüberwindbares Hindernis sein. Die neurophysiologische Ursache dieses Phänomens wie auch der damit zusammenhängenden Hypokinese ist nach wie vor nicht geklärt. Beschrieben wurden neben einer zentralen Afferenzstörung eine Störung der Auslösung adäquater Bewegungsprogramme oder -Synergien oder eine Kombination dieser Ursachen. Unsere Untersuchungen zeigen das Ausmaß des visuellen Einflusses im Gang des Parkinson-Patienten und weisen auf prägnante Unterschiede im Vergleich mit einem gesunden Kontroll-Kollektiv hin. Messungen auf dem Laufband mit spezieller optischer Stimulation durch ein Fließmuster ergaben Hinweise auf die Art der Störung, die zur besonderen Abhängigkeit von visueller Information führt. Die Ergebnisse bestätigen, wie von Morris und Mitarb. bereits beschrieben, eine gestörte Modulation der Schrittlänge. Die Schrittfrequenz blieb im wesentlichen stabil. Bei einem Vergleich mit Patienten mit elektrischer Dauerstimulation nach Implantation im Nucl. subthalamicus fanden wir eine deutliche Verbesserung der Gehfähigkeit mit einer weitgehenden Normalisierung der Schrittparameter. Ferner zeigte sich unter Stimulation eine Normalisierung der gesteigerten visuellen Abhängigkeit und eine Wiederherstellung einer im Gang des Unbehandelten in auffälliger Weise fehlenden Adaptierungsfähigkeit. Diese blieb auch nach Unterbrechung der elektrischen Tiefenhirn-Stimulation erhalten, und die Abhängigkeit von visuellen Stimuli erreichte bei den implantierten Patienten nach Unterbrechung der Stimulation nicht das Ausmaß, das bei nicht implantierten Patienten besteht. Kombinierte Behandlung mit L-DOPA und elektrischer Nucl. subthalamicus-Stimulation wirkte additiv, was im Vergleich mit Gesunden sogar zu vermindertem Ansprechen auf visuelle Stimuli führte. Diese Ergebnisse werden im Hinblick auf die Bedeutung der Nucl. subthalamicus-Stimulation für die Motorkontrolle beim Gehen und hinsichtlich Schlussfolgerungen für die zugrundeliegende neurophysiologische Störung diskutiert.