Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 131
DOI: 10.1055/s-2003-816534

Persistente REM-Schlaf-Reduktion nach hemisphärischem Infarkt

D Schmid 1, J Vock 1, A Nirkko 1, P Achermann 1, C Bassetti 1
  • 1Zürich, Bern

Die Rolle der Großhirnhemisphären bei der Generierung bzw. Modulation von REM-Schlaf ist unklar. Wir berichten über eine persistierende Reduktion von REM-Schlaf nach lokalisierten Infarkten in den Großhirnhemisphären. Aus einer Stichprobe von 27 konsekutiven Patienten, die prospektiv wiederholt polysomnographisch nach ihrem ersten hemisphärischen Schlaganfall untersucht wurden, fanden wir fünf mit einer persistierenden Reduktion des REM-Schlafs. Der Schweregrad des Schlaganfalls wurde standardisiert mit der National Institute of Health stroke scale (NIHSS) und der klinische Ausgang mit dem Barthel-Index sowie dem modifizierten Ranking-Score erfasst. Das Volumen des betroffenen Areals wurde aus den diffusion-gewichteten MR-Daten berechnet. Der Schlaf wurde polysomnographisch über der nicht betroffenen Hemisphäre in der Akutphase (a) (Tag 3–8; n=5), sowie subakut (s) (Tag 10–35; n=4) und in der chronischen Phase (c) (Monat 5–25; n=5) nach Schlaganfall aufgezeichnet. Die Bestimmung der Schlafstadien erfolgte visuell nach internationalen Kritieren (Rechtschaffen und Kales). Die Ergebnisse wurden verglichen mit hospitalisierten Schlaganfallpatienten (I), neurologischen Patienten ohne Hirnverletzung (II) und Normdaten von Williams und Mitarb. Die Infarktlokalisation der 5 Patienten (drei Männer und zwei Frauen, Alter: 50±12 Jahre (range: 34–68)) war variabel (zwei tief subkortikal, zwei oberflächlich kortikal, ein Patient mit multipler Verteilung) und bei drei Patienten rechtshemisphärisch. Das mittlere Infarktvolumen war 30±24ml (6–56ml). Der Median der National Institute of Health stroke scale-Werte betrug 7 (2–11), der Barthel-Index 99 (95–100) und der modified Ranking score 1 (1–2). Die Menge des REM-Schlafs war in allen Phasen signifikant reduziert. Akutphase (a) 38±20min; subakut (s) 82±31min; chronisch (c) 44±9min (I: 75±13min; II: 85±13min; III: 104±12min). Die Veränderung des REM-Schlafs war mit der Reduktion der Schlafeffizienz verbunden: akut 64±10% (49–76); subakut 86±8% (77–95); chronisch 80±14% (67–92). Totale Schlafzeit: a=309±61min; s=394±99min; c=355±43min (I=398±23min; II=407±21min; III=414±15min). Die Menge des REM-Schlafs kann bis zu 25 Monate nach einem isolierten Infarkt der Großhirnhemisphären reduziert sein. Diese Veränderungen scheinen nicht mit der Schwere des Infarktes, der Infarktlokalisation, des Infarktvolumens oder dem klinischen Ausgang assoziiert zu sein. Die Daten weisen auf eine Rolle der Großhirnhemisphären bei der Kontrolle der REM-Schlaf-Exprimierung hin.