Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 122
DOI: 10.1055/s-2003-816525

Regulation der aktivitäts-abhängigen Hirndurchblutung unter verschiedenen orthostatischen Bedingungen: Zusammenspiel von neurovaskulärer Kopplung und zerebraler Autoregulation

B Rosengarten 1, M Kaps 1
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Der Mechanismus der neurovaskulären Kopplung gleicht die lokale Hirndurchblutung der jeweiligen kortikalen Aktivität an. Die zerebrale Autoregulation reguliert den Blutfluss entsprechend dem aktuellen Blutdruck. Beide Mechanismen sollen auf der Ebene der Widerstandsgefäße realisiert sein. Um ihren wechselseitigen Einfluss abschätzen zu können, untersuchen wir den Einfluss verschiedener orthostatischer Bedingungen auf die aktivitätsabhängige Hirndurchblutung. Bei 15 gesunden Probanden wurden unter Äquilibriumsbedingungen in liegender, sitzender und stehender Position visuell evozierte Blutflusskurven mittels transkraniellem Doppler für die linke A. cerebri posterior aufgenommen. Zur Kontrolle wurde die gegenseitige A. cerebri media insoniert. Simultan wurden der arterielle Blutdruck und die Herzfrequenz nicht-invasiv mittels photoplethysmographischer Methode gemessen. Die evozierten Flusskurven wurden bezüglich dynamischer Parameter wie Verstärkung, Vorhaltezeit, Dämpfung, Eigenfrequenz und Verzugszeit ausgewertet. Die ermittelten Parameter aus den drei orthostatischen Bedingungen wurden mittels ANOVA auf dem Signifikanzniveau von p<0,05 verglichen. Obwohl der systolische (p=0,027) und diastolische (p=0,001) Blutdruck und die Herzfrequenz (p<0,0001) signifikante Unterschiede aufwiesen, ergab sich bezüglich des zerebralen Ruheblutflusses kein signifikanter Unterschied. Auch die evozierten Blutflusskurven zeigten zwischen den orthostatischen Bedingungen keine Unterschiede. Auf der Basis intakter zerebraler Autoregulation bleibt die neurovaskuläre Kopplung von orthostatischen Einflüssen abgeschirmt. Im Vergleich zum Sitzen wird sowohl die Zunahme von Orthostase und damit eine drohende Hypoperfusion beim Stehen aber auch die Rücknahme von Orthostase und damit mögliche Hyperperfusion beim Liegen vollständig neutralisiert.