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DOI: 10.1055/s-2003-816517
Beteiligung der A. vertebralis bei Riesenzellarteriitis: sonographische und klinische Differenzialdiagnose zur Vertebralisdissektion
Die Diagnose eines Vertebralisdissekates kann mittels Farbduplexsonographie rasch erfolgen. Das charakteristische intramurale Hämatom umgibt echoarm ein residuelles Farbflusssignal. Seit einigen Jahren findet die Farbduplexsonographie eine neue Anwendung in der Diagnostik der Arteriitis temporalis. Die hierbei nachweisbaren entzündlichen Wandveränderungen (‘Halo’, wahrscheinlich einem entzündlichen Ödem entsprechend) erscheinen sonographisch ebenfalls echoarm. Eine 73-jährige Patientin wurde auf unsere Stroke Unit mit akut aufgetretener linksseitiger Hemiparese aufgenommen. Sechs Wochen zuvor hatte sie bereits eine Hirnstammischämie erlitten. Die Ultraschallergebnisse waren als ‘bilaterale Dissektion’ der A. vertebralis interpretiert worden. Die aktuelle Anamnese ergab eine Fatigue, Nackenschmerzen, Gewichtsverlust sowie eine deutlich erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit. Bei Aufnahme fand sich in der Farbduplexsonographie eine ausgeprägte konzentrische echoarme Wandverdickung beider extrakranieller Vertebralarterien. Die Flussgeschwindigkeit im dünnen Restlumen war gering und pulsatil. Auch beide Temporalarterien sowie die rechte A. occipitalis zeigten eine konzentrische echoarme Wandverdickung im Sinne eines ‘Halo’. Daraufhin wurde die Verdachtsdiagnose einer Riesenzellarteriitis mit Beteiligung der Vertebralarterien gestellt und durch Biopsie der A. temporalis bestätigt. Eine retinales Fluoreszenzangiogramm zeigte zudem einen Netzhautarterienastverschluss auf dem linken Auge. Ein kraniales Kernspintomogramm 12 Tage später ergab eine wiederholte Hirnstammischämie als Ursache der zur Aufnahme führenden Symptomatik. Die extrakranielle A. vertebralis zeigte MR-angiographisch einen minimalen Restfluss sowie eine geringe hyperintense Wandverdickung. Eine Vertebralisdissektion und eine Vertebralisarteriitis können auf den ersten Blick ein ähnliches klinisches und sonographisches Bild zeigen. Eine sorgfältige Untersuchung mit Farbduplexsonographie inklusive Beurteilung der A. temporalis erlaubt es jedoch, rasch die richtige Diagnose zu finden. Die echoarmen entzündlichen Wandveränderungen bei Riesenzellarteriitis sind in der Regel konzentrisch, während die echoarmen hämatombedingten Wandveränderungen bei Dissekaten in der Regel exzentrisch und oft spiralförmig verlaufen. Bei Patienten über 50 Jahren mit einer frischen vertebrobasilären Ischämie sowie Nackenschmerzen und/oder erhöhter Blutsenkungsgeschwindigkeit sollte eine Arteriitis vertebralis differenzialdiagnostisch stets bedacht werden.