Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 103
DOI: 10.1055/s-2003-816506

Zerebrale Hämodynamik bei Eklampsie

E Oehm 1, T Els 1, J Klisch 1, A Dogor 1, C Keck 1, A Hetzel 1
  • 1Freiburg

Eklampsie verursacht 24–47% aller Hirninfarkte während Schwangerschaft und Peripartalperiode. Sie bewirkt eine zerebrale Arteriopathie, die zur Dilatation arteriolärer Widerstandsgefäße und/oder arteriellen Vasospasmen führt. Diese führen meist zu vasogenen Hirnödemen, seltener zu Infarkten. Bislang liegen nur wenige Patientenberichte zur zerebralen Hämodynamik bei Eklampsie vor. Wir berichten über 4 Patientinnen mit postpartaler Eklampsie. Einmalig (Pat. 1) oder in mehrtägigen Abständen (Pat. 2 bis 4) wurden doppler- (Multi Dop X4, DWL) oder duplexsonographisch (ATL HDI 3500, ATL Ultrasound) mittlere zerebrale Blutflussgeschwindigkeiten und Widerstandsindizes (nach Pourcelot) in allen Hirnbasisarterien, sowie arterieller Mitteldruck, Herzfrequenz und Hämatokrit bestimmt. Bei allen Patientinnen wurden MRT und ‘time of flight’ Kernspinangiographie gefertigt (Siemens AG). Innerhalb von 2–3 Tagen bildete sich bei allen Patientinnen die neurologische Symptomatik vollständig zurück. Die zerebrale Blutflussgeschwindigkeit stieg während der ersten 2–5 Tage nach Erkrankungsbeginn in der vorderen und hinteren Strombahn um bis zu 165% an, gleichzeitig sank der Widerstandsindex um maximal 132% (Pat. 2, Tag 5: rechte A. cerebri media: zerebrale Blutflussgeschwindigkeit 125cm/s, Widerstandsindex 0,43; Pat. 3, Tag 5: rechte A. cerebri media: 165cm/s, Widerstandsindex 0,47; Pat. 4, Tag 2: rechte A. cerebri media 235cm/s, Widerstandsindex 0,38). Begleitend nahm der arterieller Mitteldruck leicht zu, infolge Hämodilution fiel der Hämatokrit (Pat. 3, Tag 5: arterieller Mitteldruck 113mmHg, Hämatokrit 30%; Pat. 4, Tag 2: arterieller Mitteldruck 113mmHg, Hämatokrit 24%). Innerhalb der folgenden 10 Tage trat eine weitgehende Normalisierung der hämodynamischen Parameter ein. Im MRT fand sich bei allen Patientinnen der typische Befund eines innerhalb weniger Tage reversiblen posterioren Leukenzephalopathie-Syndroms. Die Kernspinangiographie zeigte bei Patientin 4 disseminierte Vasospasmen aller Hirnbasisarterien. Reduzierter arteriolärer Gefäßwiderstand, erhöhter arterieller Blutdruck, erniedrigter Hämatokrit sowie in einem Fall generalisierte Vasospasmen der Hirnbasisgefäße scheinen kausale Faktoren für den Anstieg der zerebrale Blutflussgeschwindigkeit in den präsentierten Fällen zu sein. Klinische und kernspintomographische Befundbesserung gingen der hämodynamischen Normalisierung deutlich voran. Ursache hierfür sind möglicherweise längerfristig persistierende subendo- und endotheliale Schädigungen der Arteriolen mit eingeschränkter Autoregulationsfähigkeit.