Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 89
DOI: 10.1055/s-2003-816492

Visuelle Verarbeitung von „Farbbewegung“ nach unilateraler okzipitaler Schädigung (V1 und V3): Eine Studie mit MEG und intrakraniellem EEG

S Morand 1, S Knake 1, C Wang 1, G Thut 1, EB Bromfield 1, JR Madsen 1, E Halgren 1
  • 1Charlestown, Boston

Rot/grüne und blau/gelbe chromatische Reize erreichen den visuellen Kortex über zwei verschiedene subkortikale visuelle Passwege, den parvozellulären und den koniozellulären. Es gibt Hinweise, dass visuelle Bewegung ebenfalls vom parvo- und koniozellulären System verarbeitet werden kann, falls die bewegenden Reize durch Farbe alleine definiert werden (isoluminanter chromatischer Reiz). Bisher ist ungeklärt, ob die Verarbeitung von entsprechenden rot/grünen und blau/gelben bewegenden Reizen auf der kortikalen Ebene in getrennten extrastriatalen visuellen Arealen geschieht, oder ob sie in einem gemeinsamen visuellen Areal, z.B. V5/MT, zusammentreffen. Eine Patientin mit therapierefraktärer symptomatischer Okzipitallappenepilepsie aufgrund eines rechts okzipitalen Kavernoms, das zum Teil die visuellen Areale V1 und V3 betraf, wurde untersucht. Es wurden isoluminante sich bewegende und isoluminante stationäre chromatische Reize in Abstufungen der rot/grünen und der blau/gelben Farbachse in seperaten Untersuchungen präsentiert, während die resultierenden VEP mittels 306-Kanal MEG, Oberflächen-EEG und intrakraniellem EEG abgeleitet wurden. MEG zeigte eine ausgeprägte, symmetrische Antwort auf die rot-grünen bewegenden Reize mit einem Peak bei 150 ms. Im Gegensatz hierzu war die Antwort auf die blau/gelben bewegenden Reize in der pathologischen Seite signifikant reduziert mit einem Peak bei 200 ms. Die MEG-Antwort auf nicht bewegende chromatische Stimuli war unbeeinträchtigt. Die MEG-Ergebnisse wurden von den invasiven EEG-Ableitungen verifiziert. Diese Studie zeigt eine beeinträchtigte Verarbeitung von bewegenden blau/gelben jedoch eine unbeeinträchtigte Verarbeitung von bewegenden rot/grünen Reize nach unilateraler Läsion der visuellen Areale V1 und V3. Der unterschiedliche Einfluss der kortikalen Läsion auf die VEP nach Präsentation blau/gelber und rot/grünen bewegenden Reize illustriert eine Trennung der Farbbewegungswahrnehmung auf kortikalem Niveau, jenseits von V1. V3 ist möglicherweise die verantwortliche Region für die Verarbeitung von chromatischen bewegenden Stimuli entlang der blau/gelb-Achse, da V3 als erste Region des dorsalen Strahls gilt.