Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 82
DOI: 10.1055/s-2003-816485

Unterschiedliche Kodierung von thermischer und mechanischer Hyperalgesie im menschlichen Gehirn: eine fMRI-Studie

C Maihöfner 1, R Ringler 1, B Neundörfer 1, HO Handwerker 1
  • 1Erlangen

Neuropathische Schmerzsyndrome resultieren aus Schädigungen des peripheren oder zentralen Nervensystems. Brennende Spontanschmerzen und eine Hyperalgesie sind dabei Kardinalsymptome. Pathophysiologisch wird eine primäre Hyperalgesie (vor allem peripher vermittelt) von einer sekundären Hyperalgesie (vor allem zentral vermittelt) differenziert. Kennzeichnend für die primäre Hyperalgesie ist die Überempfindlichkeit auf Hitzereize, während für eine sekundäre Hyperalgesie die Überempfindlichkeit auf mechanische Reize typisch ist. In der aktuellen Studie untersuchten wir mittels funktioneller MRI, ob diese unterschiedlichen Hyperalgesiearten im Gehirn unterschiedlich verarbeitet werden. Bei 12 Probanden wurde durch topische Capsaicin-Applikation eine primäre thermische und sekundäre mechanische Hyperalgesie induziert. Mechanische Hyperalgesie wurde durch definierte Nadelstimulatoren am behandelten Unterarm ausgelöst (pin-prick Hyperalgesie), die thermische Stimulation erfolgte durch eine Kupferthermode. Korrespondierende kortikalen Aktivierungen wurden mittels funktioneller MRI (Symphony, Siemens, Erlangen) detektiert. Pin-prick-Hyperalgesie führte zu einer signifikanten Aktivierung des kontralateralen primären und sekundären somatosensorischen Kortex (S1, S2), Insel, parietalen Assoziationskortex und präfrontalen Kortexarealen. Thermische Hyperalgesie führte zu einer Aktivierung von S2, Insel, Gyrus cinguli und präfrontalen Kortexarealen. Die direkte Subtraktion der kortikalen Aktivierungsmuster zeigt eine Mehraktivierung von Teilen des medialen thalamischen Projektionssystems zum präfrontalen Kortex und limbischen Arealen bei thermischer Hyperalgesie, verglichen mit mechanischer Hyperalgesie. In dieser Studie gelang mittels funktioneller MRI der Nachweis von Arealen im menschlichen Gehirn, die bei der Vermittlung von primärer und sekundärer Hyperalgesie eine Rolle spielen. Die Ergebnisse deuten auf eine unterschiedliche kortikale Verarbeitung von thermischer und mechanischer Hyperalgesie hin.