Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 76
DOI: 10.1055/s-2003-816479

Geänderte Verkettung der Spontan-EEG-Mikrozustände in akuter, unbehandelter Schizophrenie

D Lehmann 1, PL Faber 1, S Galderisi 1, LRR Gianotti 1, WM Herrmann 1, T Kinoshita 1, M Koukkou 1, A Mucci 1, N Saito 1, J Wackermann 1, G Winterer 1, T Koenig 1
  • 1Zürich, Neapel, Berlin, Osaka, Bern

Multikanal-Spontan-EEG kann durch k-means-Clustering in Abschnitte mit quasi-stationärer Potenzial-Topographie zerlegt werden, in „Mikrozustände“ im Bereich von 100 ms. Verschiedene Mikrozustände inkorporieren verschiedene Modi der Informationsverarbeitung. Multikanal-EEG (~37s/Person) von 27 akut ersterkrankten und noch nicht behandelten jungen Schizophrenen und von 27 gematchen Gesunden (von 3 Zentren) wurde in Mikrozustände zerlegt, die 4 Klassen (A–D) bildeten. Die über Personen gemittelten bevorzugten Richtungen der Aufeinanderfolge der Klassen wurden zwischen Patienten und Gesunden statistisch verglichen: ANCOVA (2 Personengruppen x 6 Richtungs-Bevorzugungen, Zentren als Kovariate) zeigte eine signifikante Interaktion Personengruppe x Richtungs-Bevorzugungen. Posthoc-Tests klärten, dass 2 der 6 Verkettungen zwischen den 4 Klassen signifikant verschiedene Richtungen hatten: Die bevorzugte Folge war C-A-D bei den Patienten, jedoch umgekehrt D-A-C bei den Gesunden. Die signifikant geänderte Syntax der hirnelektrischen Mikrozustände der Schizophrenen öffnet einen neuen Blickwinkel auf die Hirnmechanismen, welche die Denkstörungen der Patienten implementieren. Da die physiologischen Abweichungen vielfach wiederholt und intermittierend im Subsekundenbereich geschehen, könnten sie gut die instantanen Perspektive-Änderungen der Patienten (Bleuler's „doppelte Buchführung“) erklären.