Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 47
DOI: 10.1055/s-2003-816450

Akuter ischämischer Schlaganfall und Schlafapnoe: Entwicklung der klinischen Befunde, diffusionsgewichtete MRI und Blutdruck in den ersten drei Tagen nach dem Schlaganfall

D Hermann 1, M Siccoli 1, D Schmid 1, E Werth 1, P Summers 1, T Järmann 1, S Kollias 1, C Bassetti 1
  • 1Zürich

Ein Schlaf-Apnoe-Syndrom besteht bei ungefähr 50% aller Patienten mit zerebrovaskulären Erkrankungen. Hämodynamische Veränderungen und Hypoxie, welche das Schlaf-Apnoe-Syndrom begleiten, haben sehr wahrscheinlich eine negative Auswirkung auf das ischämische Gewebe. Ein mittel-schwergradiges Schlaf-Apnoe-Syndrom könnte eine klinische und radiologische (MRI) Progression in der akuten Phase des ischämischen Schlaganfalls begünstigen. Wir rekrutieren Patienten mit neuroradiologisch bewiesenem ischämischen Schlaganfall in den ersten 24 Stunden nach Symptombeginn. Der Schweregrad des Schlaganfalls wird durch die National Institute of Health stroke scale und Scandinavian stroke scale am Tag 1, 2 und 3 nach Symptomeneintritt beurteilt. Klinische Schlaganfall-Progression gemäß Scandinavian stroke scale wird definiert als Abnahme des Scores von ≥2 Punkten für Bewusstsein oder Motorik oder von ≥3 Punkten für Sprachfunktion. Eine respiratorische Polygraphie mit einem automatischen CPAP-Gerät (Autoset® Portable II plus, ResMed) wird in der ersten Nacht durchgeführt. Mittel-schwergradiges Schlaf-Apnoe-Syndrom wird als Apnoe-Hypopnoe Index >25/h definiert. Der Blutdruck wird während 36 Stunden mit einem automatischen Gerät (bp one, Cardiette) monitorisiert. Das nächtliche Dipping des Blutdrucks wird als Blutdruck systolisch nachts/Blutdruck systolisch tags <0,9 definiert. Ein MRI mit einem 1,5-T-Gerät wird am Tag 1 (19:00), sowie am Tag 3 (7:00) durchgeführt. Das Schlaganfallvolumen wird mit diffusionsgewichteten Sequenzen errechnet. Zwölf Patienten wurden bis jetzt rekrutiert, 9 davon abschließend evaluiert. Das mittlere Alter war 63 (44–83) Jahre. Ein mittel-schwergradiges Schlaf-Apnoe-Syndrom wurde bei 5 Patienten gefunden. Drei von diesen zeigten eine klinische Progression in den ersten 3 Tagen, welche bei 2 von einer Volumenzunahme im diffusionsgewichteten Sequenzen begleitet war. Bei 4 Patienten war ein Schlaf-Apnoe-Syndrom lediglich leicht oder nicht vorhanden; keiner dieser Gruppe zeigte eine klinische Progression, 2 Patienten zeigten eine radiologische Progression. Die mittleren Blutdruck-Werte zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Ein nächtliches Blutdruck-Dipping wurde bei 2 der 5 Patienten mit, jedoch in keinem ohne Schlaf-Apnoe-Syndrom gefunden. Die präliminären Resultate dieses Projektes legen die Vermutung nahe, dass das Vorhandensein eines mittel-schwergradigen Schlaganfalls bei Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall 1) zu einer klinischen Progression, 2) eventuell auch zu einer radiologischen Progression in den ersten 3 Tagen führen könnte. Diese ungünstigen Effekte könnten unabhängig von den Blutdruck-Veränderungen zustande kommen.