Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 45
DOI: 10.1055/s-2003-816448

Lernen über ein Hindernis zu steigen: Neuro-motorische Anpassungen beim Tragen von Schienen

HJA van Hedel 1, V Dietz 1
  • 1Zürich

Ziel dieser Studie war es, den Einfluss des Tragens von Schienen auf eine eben gelernte motorische Aufgabe zu untersuchen. Die gesunden, jungen Probanden liefen mit eingeschränktem Visus auf einem Laufband und mussten mit dem rechten Bein so flach wie möglich über ein Hindernis steigen, wobei sie akustische Warn- und Feedbacksignale bekamen. Die 18 Probanden lernten die Aufgabe während zwei Durchgängen à 50 Schritten. Danach wurden sie randomisiert in drei Gruppen aufgeteilt: Den Probanden wurde das linke Fussgelenk (Gruppe F), das linke Kniegelenk (Gruppe K) oder beide Gelenke (Gruppe FK) mit Schienen fixiert. Danach fand der dritte Durchgang statt. Gemessen wurde jeweils die Muskelaktivität von vier Muskeln, Hüft-, Knie- und Fussgelenkbewegungen, sowie die Dauer der Schwungphase und die vertikale Distanz zwischen Fuss und Hindernis. Die Durchschnittswerte aller Variablen wurden als Leistung definiert. Eine Abnahme einer Variablen während eines Durchganges führt zu einem negativen Korrelationskoeffizient (r) und bedeutet eine Verbesserung. Die Leistung verbesserte sich signifikant während des ersten Durchganges (r=–0,29). Während des zweiten Durchganges fanden nur kleine Anpassungen statt (r=–0,19). Die Anpassungen waren nicht unterschiedlich zwischen den drei Gruppen im dritten Durchgang (F: r=–0,26; K: r=–0,25; FK: r=–0,21). Weiter wurden Transferwerte zwischen den verschiedenen Durchgängen berechnet. Ein Transferwert von 1 bedeutet, dass sich die Leistung zwischen zwei Durchgängen nicht ändert. Ein Wert kleiner als 1 bedeutet eine Verschlechterung am Anfang des neuen Durchganges verglichen mit dem Ende des vorigen Durchganges. Der Durchschnittstransferwert von allen Probanden war 1,16±0,29 und nicht unterschiedlich von 1. Die Transferwerte waren 0,87±0,20 (F), 0,69±0,29 (K) und 0,72±0,23 (FK). Die Transfers von K und FK waren signifikant kleiner als 1 und FK hatte ein signifikant kleineren Transferwert als F. Diese Resultate zeigen, dass eine Lokomotionsaufgabe teilweise neu gelernt werden muss, wenn kontralateral Schienen getragen werden. Dabei hat eine Blockierung der Knie größere Auswirkungen als eine der Sprunggelenkes.