Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 37
DOI: 10.1055/s-2003-816440

Katathrenie – Eine REM-assoziierte exspiratorische Phonation unklarer Genese

S Frigerio 1, M Gugger 1, M Kollar 1, J Mathis 1
  • 1Bern

Wir stellen eine 34-jährige Patientin mit blander Vorgeschichte vor, bei welcher polysomnographisch eigenartige exspiratorische Phonationen ausschließlich während des REM-Schlafes beobachtet wurden. Subjektiv war die Patientin diesbezüglich beschwerdefrei und bemerkte die nächtliche Atemstörung nicht. Fremdanamnestisch wurden die ungewöhnlichen Laute jede Nacht beobachtet. In der klinischen Untersuchung erhob man keine pathologischen Befunde, ebenso war die zerebrale MRT blande. Polysomnographisch registrierten wir während des REM-Schlafes initial jeweils eine tiefe Inspiration, gefolgt von einer langen Exspirationsphase mit monotonen Lautbildungen. Videographisch stellte man in dieser Exspirationsphase rhythmische Bewegungen der Beine fest, in Form eines sog. „foot tremors“, einer Art motorischen Einschlafstereotypie. Elektrokardiographisch stellte sich keine Herzfrequenzvariabilität dar, auch blieb die Sauerstoffsättigung stabil. Die Atmungskanäle zeigten das Bild ähnlich einer zentralen Apnoe über minimal 9 bis maximal 39,5s und die Phänomene wiederholten sich in jeder REM-Phase clusterartig 2–4-mal. Im EEG trat in diesen Phasen eine okzipital betonte Alphaaktivität im Sinne eines Wach-EEG auf, während die physiologische muskuläre Atonie weiterhin bestehen blieb. Diese Art von exspiratorischer Phonation im REM-Schlaf wurde unlängst als „Catathrenie“ beschrieben und den REM-Parasomnien ungeklärter Ätiologie zugeordnet. Pathophysiologisch postuliert man einen erhöhten muskulären Tonus der Stimmlippen während der Exspiration. Differenzialdiagnostisch muss man bei Vokalisationen im Schlaf primär das Schnarchen und den Stridor – vorwiegend im NREM-Schlaf auftretend – abgrenzen. Schwieriger ist die Abgrenzung vom nächtlichen „wheezing“, einem exspiratorischen Stöhnen, meist bei obstruktiven Lungenerkrankungen zu beobachten. Differenzialdiagnostisch weiter zu erwähnen ist die Somniloquie, welche sowohl im NREM- wie auch im REM-Schlaf auftritt. Während bei der Katathrenie monotone Laute ohne Artikulationen zu beobachten sind, werden bei der Somniloquie mindest einzelne Wörter oder Sätze gesprochen. Eine Abgrenzung der Katathrenie von diesen Differenzialdiagnosen ist möglich unter Berücksichtigung folgender Kriterien: Die Katathrenie tritt bei Lungengesunden clusterförmig im REM-Schlaf auf und besteht aus einer monotonen Lautbildung während einer stark prolongierten Exspiration, wobei kein wesentlicher Sauerstoffsättigungsabfall zu beobachten ist.