Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 20
DOI: 10.1055/s-2003-816423

Crossmodale interhemisphärische motorische Inhibition nach somatosensorischer Stimulation im fMRT

C Christmann 1, C Köppe 1, M Ruf 1, DF Braus 1, H Flor 1
  • 1Mannheim, Hamburg

Die unilaterale Handbewegung wird wesentlich durch die kontralateralen primären motorischen Areale (M1) kontrolliert. Unilaterale motorische Vorbereitung in Reaktionszeitexperimenten und willkürliche unilaterale Handbewegungen führen ebenso wie unilaterale single und paired pulse transkranielle Magnetstimulation zu Deaktivierung des ipsilateralen primären motorischen Areals. Diese Deaktivierung lässt sich sowohl in verminderten evozierten EMG-Antworten nach ipsilateraler transkranieller Magnetstimulation als auch als anhaltender negativer BOLD-Effekt nach ipsilateraler Handbewegung nachweisen. Zur Erklärung des Phänomens der interhemisphärischen Deaktivierung werden unimodale transkallosale Verbindungen auf der Ebene des motorischen System angenommen. Wir prüfen die Hypothese einer exklusiv unimodalen Inhibition auf der Ebene des motorischen Systems. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Deaktivierung ihre Ursache nicht in einer motorischen sondern in einer ipsilateralen somatosensorischen Aktivität hat, wurden sechs gesunde Probanden blockweise nichtschmerzhaft elektrisch unterhalb der motorischen Schwelle am Daumen der dominanten Hand stimuliert. Die Auswertung der fMRT-Messung (EPI, 24 Schichten zu 4mm, 1mm Gap) mittels Allgemeinem Linearen Modell zeigte stimulussynchron deutliche positive BOLD-Antworten im kontralateralen primären (SI) wie bilateral im sekundären (SII) somatosensorischen Areal und dem Inselkortex. Gleichzeitig ließ sich eine stimuluskorrelierte negative BOLD-Antwort im ipsilateralen motorischen Handareal nachweisen, die als motorische Inhibition interpretiert werden kann. Aufgrund der unterschiedlichen Topographie von somatosensorischem und motorischem Homunkulus ist die Zuordnung zu somatosensorischem bzw. motorischen Handareal unverwechselbar. Die vorliegenden Daten lassen sie sich als crossmodale Inhibition interpretieren und sprechen somit gegen die Hypothese, dass eine transkallosale motorische Hemmung die Beteiligung des kontralateralen motorischen Kortex notwendig voraussetzt.