Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 18
DOI: 10.1055/s-2003-816421

Inhibitorische Effekte der transkraniellen elektrischen Stimulation

J Brocke 1, K Irlbacher 1, S Brandt 1
  • 1Berlin

Die intrakortikale Inhibition kortikospinaler Neurone kann mit spezifischen Doppelreizparadigmen durch transkranielle magnetische Stimulation (TMS) induziert werden und beruht auf indirekten Stimulationseffekten. Ziel der vorliegenden Studie war es, zu untersuchen, ob sich vergleichbare intrakortikale inhibitorische Stimulationseffekte auch durch die transkranielle elektrische Stimulation (TES) induzieren lassen. Die Hypothese war, dass durch TMS und TES unter definierten Bedingungen für Stromflussrichtung und Stimulusintensität identische oder ähnliche neuronale Strukturen aktiviert werden können. TES wurde im Anschluss an TMS-Kontrollversuchen über dem rechten Handareal appliziert. Die Anode wurde etwa 5cm lateral des Vertex, die Kathode 4cm anterior davon platziert. Der resultierende Stromfluss im Gewebe hatte somit eine postero-anteriore Orientierung. Versuchsbedingungen: (a) Ein überschwelliger Einzelreiz (Amplituden der ausgelösten Muskelantworten: 0,73 mV±0,45 mV (Test-Reiz-Bedingung), (b) ein unterschwelliger (95% Reizschwelle in Muskelruhe) konditionierender Reiz, gefolgt von einem zweiten überschwelligen Reiz mit einem Interstimulus-Intervall von 2 ms (Untersuchung der Inhibition). Die mittlere Latenz der TES-induzierten Muskelantworten betrug, wie in den TMS-Kontrollversuchen, 26,5 ms±1. Im Vergleich zu 100% Amplitudengröße in der Einzelreiz-Bedingung führte Doppelreiz-TES (Interstimulus-Intervall=2 ms) zu einer mittleren Amplitudengröße von 27,6%±18%. 1. Die vergleichbare Latenz der durch TMS und TES mit postero-anteriorer Stromrichtung ausgelösten kortikospinal vermittelten Muskelantwort spricht dafür, dass beide Methoden zu einer indirekten transsynaptischen Erregung der kortikospinalen Neurone führen. 2. Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass TES mit postero-anterior ausgerichtetem Stromfluss inhibitorische Stimulationseffekte auslösen kann, die mit den Effekten vergleichbar sind, die durch Doppelreiz-TMS nach der Methode von Kujirai und Mitarb. (1993) mit gleichen Interstimulus-Intervallen und vergleichbaren Reizintensitäten ausgelöst werden. Die Schlussfolgerung, dass TES unter definierten Bedingungen für Stromflussrichtung und Reizintensität die gleichen indirekten Stimulationseffekte wie TMS induzieren kann, lässt die Vermutung zu, dass beide Techniken unter den genannten Bedingungen zu einer Erregung ähnlicher neuronaler Strukturen führen.