Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 8
DOI: 10.1055/s-2003-816411

Verringerte kortikale Inhibition bei Patienten mit Major Depression

M Bajbouj 1, P Neu 1, AH Neuhaus 1, L Niehaus 1
  • 1Berlin

Es gibt eine Reihe klinischer, pharmakologischer und bildgebender Befunde, dass Patienten mit Major Depression eine gestörte kortikale Inhibition aufweisen. Darüber hinaus weisen unterschiedliche Untersuchungen darauf hin, dass antidepressiv wirksame Interventionen wie die Elektrokonvulsionstherapie und die Vagusnervstimulation mit einer Zunahme des zentralen, inhibitorischen Tonus einhergehen. Die transkranielle Magnetstimulation des Motorkortex bietet ein elegantes Modell zur funktionellen Untersuchung inhibitorischer Regelkreise. 21 unmedizierte Patienten mit einer Major Depression wurden mit der transkraniellen Magnetstimulation untersucht. Untersuchungsparameter waren neben klinisch-demographischen Daten die Motorschwelle, die postexzitatorische Inhibition sowie die intrakortikale Inhibition und Fazilitation. Als Vergleichskollektiv dienten 21 alters- und geschlechtsgematchte gesunde Kontrollen. Im Vergleich zu den Kontrollen zeigten die Patienten mit Major Depression eine verkürzte postexzitatorische Inhibition sowie eine verringerte intrakortikale Inhibition. Keine Unterschiede fanden sich zwischen Patienten und gesunden Kontrollen bezüglich der intrakortikalen Fazilitation sowie der Motorschwelle. Bei Patienten mit einer Major Depression konnten mit der transkraniellen Magnetstimulation elektrophysiologische Veränderungen nachgewiesen werden, die auf einen reduzierten GABAergen Tonus hinweisen. Dieser Befund steht im Einklang mit einer Reihe von tierexperimentellen und bildgebenden Voruntersuchungen, die auf eine Beteiligung des zentralen GABAergen Systems an Symptomen der Major Depression hinweisen. Die transkranielle Magnetstimulation ist ein viel versprechendes Instrument zur nicht-invasiven und schmerzlosen Untersuchung zentralnervöser Hemmvorgänge.