Aktuelle Ernährungsmedizin 2003; 28 - 59
DOI: 10.1055/s-2003-816352

Adipositas der Klassen I-III und ihr Einfluss auf Lebensqualität (LQ) und Lebenszufriedenheit (LZ)

D Kovacs 1, R Jagsch 2, K Mellitzer 1, M Francesconi 3, S Tillawi 3, H Toplak 1
  • 1Med. Univ.-Klinik Graz, Österreich
  • 2Psychologisches Institut Wien, Klinische Psychologie, Österreich
  • 3Reha-Zentrum Alland

Der Zusammenhang zwischen LQ und LZ ist bei Adipösen im Hinblick auf den Fettverteilungstypus bislang unerforscht. Im halbstrukturierten Interview wurden 159 Patienten (73f., 86 m.) im mittleren Alter von 45 Jahren (18–67) mittels SF-36 und FLZ (FB zur Lebenszufriedenheit) befragt und anhand eines selbsterstellten Interviewbogens und einer VAS (Visuelle Analogskala) hinsichtlich Hänseleien und Kränkungen untersucht. Ziel war das bessere Verständnis der Zusammenhänge von Adipositas verschiedener Ausmaße und der Fettverteilung mit psychologischen Kenngrößen.

Sozialstatus und Bildung sind in beiden Geschlechtern gleich, etwa 50% der Patienten haben einen Hauptschulabschluss, circa 57% sind „Blue Collar Workers“. Hinsichtlich Auftrittswahrscheinlichkeit der BMI-Klassen (p=0.210) und der Fettverteilungstypen (p=0.228) zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Die allgemeine LZ der Männer und Frauen ist im Vergleich zum Normkollektiv nicht vermindert. Es zeigen sich aber signifikante Unterschiede in einzelnen Subskalen. Männer beschreiben eine deutlich schlechtere LZ bezüglich Freizeit (p=0.001). In den Adipositas-Klassen fällt die LZ kontinuierlich tendenziell (α=10%) ab. Der Fettverteilungstyp bewirkt keinen Unterschied hinsichtlich LZ.

„Körperliche Rollenfunktion“ und „Körperliche Funktionsfähigkeit“ beurteilen die Männer hinsichtlich ihrer LQ mittels SF-36 signifikant besser (α=5%) als Frauen. Weiters zeigen die Probanden der Adipositas-Klasse III im Vergleich zu jenen der Klasse I signifikant höhere Beeinträchtigung in den Bereichen „Schmerzen“, „Körperliche Rollenfunktion“ und „Körperliche Funktionsfähigkeit“. Teilnehmer mit einer gynoiden Fettverteilung beschreiben ihren „allgemeinen Gesundheitszustand“ signifikant (α=5%) und ihre „Vitalität“ tendenziell besser als diejenigen mit einer androiden.

Hinsichtlich Anzahl der figurbezogenen Hänseleien wird kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern festgestellt. Frauen fühlen sich aber signifikant tiefer gekränkt (p<0.001). Sie haben auch bisher tendenziell mehr Diäten ausprobiert (p=0.076).

Personen mit gynoider Fettverteilung erfahren tendenziell häufiger figurbezogene Hänseleien, doch jene mit androider Fettverteilung fühlen sich dadurch signifikant tiefer gekränkt.

Zusammenfassend ist das biologische Phänomen der Fettspeicherung mit deutlichen Differenzen in der subjektiven Befindlichkeit korreliert. Die Kränkung durch Umgebungsreaktionen ist besonders bei Frauen verstärkt.