Pneumologie 2003; 57 - Ar2
DOI: 10.1055/s-2003-815339

Querschnitt-Untersuchung bei ehemals asbestexponierten Arbeitnehmern 2002/12–2003/6

W Purkarthofer 1, E Hürbe 1, I Schiller-Frühwirth 2, R Jäger 3
  • 1Pulmologisches Zentrum Gmundnerberg, LKH Vöcklabruck/OÖ
  • 2AUVA Landesstelle Wien
  • 3Arbeitsmedizinischer Dienst, Linz/A

Material und Methoden: Auf Initiative einer Firma für Asbestplatten- und Rohrproduktion erfolgten im angegebenen Zeitraum nachgehende Untersuchungen bei 250 Arbeitnehmern. Etwa 1000 Arbeitnehmer AN, vorwiegend Pensionisten, waren dazu eingeladen. Der Untersuchungsumfang umfasste Anamnese, Status, Thoraxröntgen in zwei Ebenen, ergänzende Thoraxsonographie, große Lungenfunktion mit Spirometrie, Bodyplethysmographie, TLCO. Eine Zweitbefundung der Thoraxröntgen durch einen Gutachter wurde durchgeführt. Bei hoher Asbestfaserbelastung oder dem Vorliegen von zusätzlichen Risikofaktoren (Rauchen, Malignome in der Familie) wurde dem AN zusätzlich die Durchführung eines Thorax-CT („low-dose-CT“ mit HRCT-Schichten) nach den Richtlinien der DRG empfohlen. Das durchschnittliche Alter der AN lag bei 63,5 Jahren (36–84), die durchschnittliche Expositionsdauer gegenüber Weißasbest bei 26 Jahren (bis 1993), gegenüber Blauasbest bei 12 Jahren (bis 1976).

Erste Ergebnisse: 60% der AN zeigten asbestassozierte Röntgenbefunde (vorwiegend Pleuraplaques mit oder ohne Kalzifizierung); 30% der AN erhielten eine Berufskrankheitenanzeige nach den Meldekriterien des HVBG (Lungenfibrose mit einer Dichte der kleinen Schatten (s,t,u) von 1/0+VC<90% d Sw oder mit Knisterrasseln, ab s,t,u 1/1 auch ohne Funktionseinschränkung oder Klinische Auffälligkeit, umschriebene oder diffuse Pleuraverdickungen (mind. 3mm dick und 2cm breit) sowie Pleuraverkalkungen und Pleuraergüsse); die größte Zahl der BK-Anzeigen erfolgte in der Altersgruppe von 61–75J., dieselbe Altersverteilung zeigen die bereits anerkannten Berufskrankheiten.

3% der AN haben bereits eine anerkannte BK Asbestose mit MdE, 2% sind Überwachungsfälle der AUVA (meist Patienten ohne Lungenfunktionseinschränkung), die Mittelwerte der Lungenfunktionsparameter zeigen eine leichte Verminderung von FVC (93% Soll), FEV1 (86% Soll), FEV1/FVC(%)(95% Soll) und MEF50 (82% Soll), der Mittelwert der TLCO liegt leicht über dem Soll (105%).

Es zeigt sich eine deutliche Beziehung zwischen dem Expositionsbeginn, der Häufigkeit und dem Schweregrad der Asbestose, wobei die Faserbelastung am Arbeitsplatz nach Mitteilung der Firma und den Schätzungen des BK-Reports „Faserjahre“ seit 1950 kontinuierlich zurückging:

1950: 200F/cm3

1960:100F/cm3

1970: 11F/cm3

1980: 1,1F/cm3.

Von Seiten der Patienten steht die Angst vor einer Tumorerkrankung an erster Stelle, in der Gruppe der untersuchten AN wurde 1 Mesotheliom und ein susp. RH (2cm) diagnostiziert (2% von 250 AN). Ein ThoraxCT, mit dem Ziel der Bronchuskarzinomfrüherkennung, wurde bei 170 Patienten durchgeführt und ergab bei 24 AN (9,6% v 250 AN) einen kontrollwürdigen Befund (kleine solide, nicht verkalkte RH/Granulome unter 10mm).

Schlussfolgerung: 1. Nachgehende Untersuchungen bei ehemals asbestexponierten AN sind auch nach dem Ende der Exposition und im Ruhestand notwendig, 2. Höhere Erkrankungsraten sind bei den heute 60–80Jährigen zu erwarten, wobei vor allem die hohe Faserbelastung in den frühen Expositionsjahren einen wesentlichen Auslösefaktor darstellt, 3. Das Thorax-CT erhöht die Diagnosesicherheit bei den benignen Pleura- und Lungenparenchymveränderungen deutlich, bezüglich der Prognoseverbesserung bei asbestinduzierten Malignomen ist eine Aussage erst im Längsschnitt und nach Zusammenfassung und Auswertung größerer Patientengruppen möglich.